Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

384 Besonderer Teil. 
dies nur bei einer der gekennzeichneten entsprechenden Sachlage, wo das 
Eingreifen des Kommandierenden Generals tatsächlich unmöglich geworden 
ist, im Wege der Stellvertretung denkbar sein. Insofern bedarf die im Urteil 
des erkennenden Senats vom 26. März 1915 (4 D. 84/15) zum Ausdruck ge- 
kommene Rechtsauffassung der Einschränkung. Steht das Verordnungsrecht 
aber nur den genannten obersten Militärbefehlshabern als solchen zu, so 
dürfen sie es keinesfalls beliebig an nachgeordnete militärische Instanzen 
oder gar au Zivilbehörden übertragen. Ein Auftrag des Festungskomman- 
danten an den Polizeipräsidenten zum Erlaß eines Verbots mit bestimmtem 
Inhalt im Interesse der öffentlichen Sicherheit gemäß 8 9b 
des Gesetzes wäre daher unzulässig. Nur wenn es sich um Anordnungen 
handelte, die der Militärbefehlshaber kraft der auf ihn gemäß 8 4 über- 
gegangenen vollziehenden Gewalt erlassen wollte, stände der Übertragung 
des Erlasses einer solchen Verordnung an die Zivilbehörde nichts im 
Wege.“ (R. in Strafs. 49 S. 282/83). 
Und einschränkend: 
„Es kann unerörtert bleiben, ob dem 89b nicht auch noch dann genügt 
ist, wenn der Militärbefehlshaber den ihm unterstellten Organen den Auf- 
trag gegeben hat, ihrerseits ein seinem Inhalte nach bestimmt und genau be- 
zeichnetes Verbot zu erlassen und zu veröffentlichen; keinesfalls handelt es sich 
aber noch um ein Verbot des Militärbefehlshabers selbst, wenn er . seine 
Untergebenen ermächtigt hat, nach ihrem Ermessen gegen bestimmte Miß- 
stände vorzugehen, also auch Verbote zu erlassen, und wenn sie daraufhin von 
solcher ihnen erteilten Ermächtigung Gebrauch machen. Eine solche allge- 
meine Übertragung der dem Militärbefehlshaber als solchem vorbehaltenen 
Befugnis zum Erlasse von Verboten im Sinne des § 9 b a. a. O. findet im 
Gesetze nirgends eine Stütze und hat nicht die Wirkung der Anordnung, die 
von dem durch ihn Ermächtigten getroffen wird, die rechtliche Bedeutung 
eines Verbots im Sinne des 8§9b zu verleihen.“ (JW. 45 S. 204). 
Zulässig ist es aber, daß der Militärbefehlshaber eine Zivilbehörde, 
z. B. einen Polizeipräsidenten, lediglich mit der Veröffentlichung 
einer von ihm selbst erlassenen Anordnung beauftragt. Die bloße 
Publikation seiner Erlasse kann der Mil tärbefehlshaber in Ermangelung 
bestimmter Formvorschriften auch den Zivilbehörden übertragen. Einer 
besonderen Form bedürfen diese Bekanntmachungen nicht (RG. in 
Strafs. 49 S. 283). 
f) Die Verbote oder Gebote auf Grund des §9b B.#0 können 
1) Über die Frage, ob 89 BZG. gültig ist, führt das RG. in Strafs. 49 S. 115/16 
aus: 
  
„Die Meinung des Angeklagten, daß §9 B86. keine Geltung mehr besitze, 
ist unrichtig Das in Art. 68 Reichsverf. vorgesehene Reichsgesetz ist bisher nicht 
erlassen worden. Die einstweilige reichsrechtliche Geltung der Vorschriften des Be- 
lagerungszustandsgesetzes über die Wirkungen der Erklärung in den Kriegszustand 
dauert also im allgemeinen zurzeit noch fort. In Frage könnte nur kommen, 
ob seine strafrechtlichen Vorschriften seit dem Inkrafttreten des Reichsstrafgesetz- 
buchs ihre Geltung verloren haben, wie in der Rechtslehre vereinzelt angenommen wird. 
Nach 82 Abs. 1 und 2 EGSt##G. sind aber die Vorschriften des Reichs= und Landes- 
strafrechts nur insoweit außer Kraft getreten, als sie Materien betreffen, welche Gegen- 
stand des Strafgesetzbuchs sind, und überhaupt nicht die besonderen Vorschriften 
des Reichs= und Landesstrafrechts, insbesondere nicht die in Abs. 2 aufgeführten Polizei- 
strafgesetze. Es wäre also hinsichtlich jedes einzelnen der in §9 BBG. mit Strafe be-
	        
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