Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

28 Allgemeiner Teil. 
nahme derartiger Kosten, unbeschadet aller etwaiger Ersatzansprüche, nicht 
entziehen; denn da sie einmal durch eine polizeiliche Maßnahme entstanden 
sind, müssen sie auch als Polizeikosten gedeckt werden .“ 
Aus der Verpflichtung der Gemeinde, nach § 3 des Polizei- 
verwaltungsgesetzes die Kosten der örtlichen Polizeiverwaltung zu 
tragen, folgt noch nicht ihre Verpflichtung, selbständig diejenigen 
Anstalten herzustellen oder in bestimmter Weise zu gestalten, deren es 
nach 810 Tit. 17 T. II ALR. zur Sicherheit des gemeinen Wesens 
bedarf: . 
„Eine Verpflichtung der Gemeinde zur selbsttätigen Herstellung solcher 
Anstalten setzt das Bestehen eines besonderen öffentlich-rechtlichen Grundes 
voraus. Fehlt es an einem solchen, so folgt aus 8 10 Tit. 17 T. II ALR. 
in Verbindung mit 83 des Polizeiverwaltungsgesetzes nur, daß die Polizei, 
wenn sie in Ermangelung eines Drittverpflichteten die erforderlichen An— 
stalten selbst zu treffen hat, sich allein wegen der dadurch entstehenden Kosten 
an die zu deren Tragung nach 8 3 a. a. O. verpflichtete Gemeinde halten 
kann (uvgl. den Aufsatz von Jebens über polizeiliche Gemeinedeanstalten 
im PrVerwBl. Jahrg. 22 S. 329 f. und die dort angeführten Entschei- 
dungen des OVG.). Diese Verpflichtung der Gemeinde kann aber nicht im 
Wege der polizeilichen Verfügung, sondern nur durch Anordnungen der Auf- 
sichtsbehörde geltend gemacht werden (vgl. Art. v. 28. Mai 1895 u. 7. Sept. 
1889, Entsch. des OVG. Bd. 28 S. 89 ff. und Bd. 18 S. 140 ff.t) 
(OVG. 56 S. 291/2).1) 
Wenn die Polizeibehörde im Einzelfall davon absieht, die Be- 
seitigung eines polizeiwidrigen Zustandes durch Androhung von 
Zwangsmitteln herbeizuführen, vielmehr unmittelbaren Zwang an- 
wendet, so kann sie in Ermangelung ausdrücklicher gesetzlicher Be- 
1) Eine solche Verpflichtung besteht aber nach § 35 Abs. 2 Satz 2 des N., betr. 
die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten, v. 30. Juni 1900. § 35 bestimmt: 
„Die dem allgemeinen Gebrauch dienenden Einrichtungen für Versorgung mit 
Trink= oder Wirtschaftswasser und für Fortschaffung der Abfallstoffe sind fortlaufend 
durch staatliche Beamte zu überwachen. 
Die Gemeinden sind verpflichtet, für die Beseitigung der vorgefundenen ge- 
sundheitsgefährlichen Mißstände Sorge zu tragen. Sie können nach Maßgabe ihrer 
Leistungsfähigkeit zur Herstellung von Einrichtungen der in Abs. 1 bezeichneten Art, 
sofern dieselben zum Schutze gegen übertragbare Krankheiten erforderlich sind, jeder- 
zeit angehalten werden. 
Das Verfahren, in welchem über die hiernach gegen die Gemeinden zulässigen 
Anordnungen zu entscheiden ist, richtet sich nach Landesrecht.“ 
Zu den Einrichtungen für Fortschaffung der Abfallstoffe gehören Anlagen zur 
Abfuhr und Ablagerung der Hausabfälle und zur Wegschaffung der Fäkalien, 
z. B. durch Kanalisierungen. Welche Krankheiten i. S. des R. § 35 Abs. 2 
zu verstehen sind, sagt das Gesetz nicht; nach OVG. 56 S. 293 ergibt sich dies aber 
ous dem Preuß. Gesetz betr. die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten v. 
28. August 1905. 
Ein „allgemeiner Gebrauch“ im Sinne des § 35 Abs. 1 ist auch dort anzunehmen, 
wo die Benutzung durch eine gewisse Klasse der Bevölkerung allein oder vorzugsweise 
in Betracht kommt (z. B. in Hafenvierteln) und ist nur da ausgeschlossen, wo die 
Einrichtung für einen individuellen Personenkreis bestimmt ist (O##. 52 S. 283). 
Zuständig zum Erlaß polizeilicher Verfügungen auf Grund des § 35 ist die 
Ortsrolizeibehörde, weil das Bedürfnis aus den Verhältnissen des Gemeinde- 
bezirks entspringt (OVG. 52 S. 284 und 65 S. 276).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.