Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

388 Besonderer Teil. 
Was die Form der auf Grund des 89b erlassenen Verbote oder 
Gebote betrifft, so fehlt es hierüber an gesetzlichen Bestimmungen. 
Für Verordnungen genügt jede Art der Publikation, z. B. An- 
schläge, Verlesung an öffentlichen Orten; für Verfügungen genügt 
gleichfalls jede Art der Bekanntgabe, z. B. auch durch Telegramme. 
Eine förmliche Ausfertigung der Anordnung ist nicht erforderlich, 
ebenso nicht die Unterschrift des Militärbefehlshabers oder seines 
Vertreters (Bayer. OLG. in JW. 45 S. 758 und RG. in JW. 44 
S. 726). 
Fraglich ist, ob Verordnungen des Befehlshabers, welche ab- 
weichend von der gesetzlichen Strafe des §9 des BG. und des Gesetzes 
v. 11. Dezember 1915 eine schärfere oder mildere Strafe androhen, 
rechtswirksam sind oder ob in solchen Fällen die Bestrafung gemäß 
den gesetzlichen Bestimmungen erfolgen kann. Das RG. hat die Frage 
in letzterem Sinne entschieden: 
„Einer Strafandrohung bedarf es in den auf Grund des §9b B. er- 
lassenen Verboten der Militärbefehlshaber überhaupt nicht; die Strafe wird 
durch §9 BG. bestimmt. Eine unrichtige Strafandrohung in dem V röot des 
Militärbefehlshabers ist daher regelmäßig unschädlich; insbesondere hat das 
R. schon wiederholt ausgesprochen, daß die Androhung von Geldstrafen neben 
und eine einheitliche Behandlung dieser nicht nur wirtschaftlich, sondern auch für die 
vaterländischen Interessen höchst bedeutsamen Frage zu gewährleisten. Der Umstand, 
daß der Gesetzgeber die Befugnis zur Beschlagnahme und Enteignung von Gegenständen 
des Kriegsbedarfs den Zentralbehörden übertrug, hätte an sich zur Folge gehabt. daß 
die bisher bestehenden entsprechenden Befugnisse der Militärbefehlshaber in Wegfall 
kamen oder ruhten. Dies Ergebnis erschien dem Gesetzgeber, der sich die Möglichkeit 
vergegenwärtigen mußte, daß die Zufälligkeit des Krieges die Verbindung zwischen 
den Zentralbehörden und dem einen oder anderen Militärbefehlshaber zerreißen 
konnte, unerwünscht. Offenbar deshalb hielt man es für zweckmäßig, in die Ver- 
ordnung einen Vorbehalt hinsichtlich der Befugnisse der Militärbefehlshaber aufzu- 
nehmen. Dieser Vorbehalt ist nicht in einem besonderen Paragraphen der Verordnung 
ausgesprochen, sondern gelangt in den §§ 1 und 4, die die Beschlagnahme= und Ent- 
eignungsbefugnis den Zentralbehörden übertragen, durch die Einschiebung der Worte 
„Unbeschadet der Zuständigkeit der Militärbefehlshaber"“ zum Ausdruck. Naturgemäß 
erstreckt sich aber dieser Vorbehalt nur auf diejenigen Befugnisse, die den Militär- 
befehlshabern bis dahin bereits zustanden und in den 8§ 1 und 4 auch den Zentral- 
behörden übertragen wurden; der Wille des Gesetzgebers ging also dahin, daß die 
Militärbefehlshaber auch weiterhin das Recht haben sollten, die Befugnis zur Beschlag- 
nahme und Enteignung von Kriegsbedarfsartikeln aus §9 BG. zu entnehmen und 
auf dieser Grundlage Beschlagnahme= und Enteignungserklärungen abzugeben. Noch 
weiter ist der gesetzgeberische Wille aber sicherlich nicht gegangen; und insbesondere 
sindct sich kein Anhalt für die Annahme, daß man die in Rede stehende Wirkung des 
Erlasses der Verordnung auch insoweit hintanhalten wollte, als sie das in § 1 BG. 
behandelte Recht zur Vollziehung bestehender Gesetze betraf. Hätte man auch das ge- 
wollt, so wäre der Vorbehalt allgemein in einem besonderen Paragraphen der Veroro- 
nung ausgesprochen oder zum mindesten in §5 wiederholt worden. Zu einer weiteren 
Ausdehnung des Vorbehaltes bestand auch keinerlei Anlaß, denn durch die Aufrecht- 
erhaltung der Befugnisse aus § 9 wurden die Bedenken, die eine völlige Ausschaltung 
der Militärbefehlshaber erregen konnte, in durchaus genügender Weise beseitigt. Die 
Militärbefehlshaber auch an der Vollziehung der neuen Verordnung teilnehmen zu 
lassen, widerstritt im Gegenteil deren Zweck, der ja gerade darin bestand, daß die 
in Frage stehenden Dinge einheitlich von oben sollten geregelt werden können.“ 
  
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