§ 23. Einfluß des Krieges auf das Verwaltungsrecht. 401
wieviel der Reingewinn im einzelnen Falle den im Frieden
gezogenen Reingewinn übersteigt. Dabei ist davon auszu-
gehen, daß der Kriegsgewinn den Friedensgewinn nicht übersteigen
darf, denn „die durch den Krieg hervorgerufene Warenknappheit und
Konjunktur soll eben nicht dazu ausgenutzt werden, höheren Reingewinn
zum Schaden der Verbraucher aus Gegenständen des täglichen Bedarfs
zu erzielen“ (RG. in JW. 45 S. 1204). Hat also z. B. eine Ware
im Frieden 100 Mark gekostet und verdiente der Kaufmann 10 Prozent
an ihr, so darf er, wenn jetzt die gleiche Ware 200 Mark kostet, nicht
220 Mark, sondern nur 210 Mark für sie verlangen.7) Nur dann, wenn
einer der Faktoren des Reingewinns sich infolge des Krieges geändert
hat, darf dies berücksichtigt und ein höherer Gewinn erzielt werden.
Dies gilt vor allem für die höheren Unternehmerlöhne z. B. für Be-
schaffung der Ware. Nach zwei in der Schrift „Kriegswucher und
Kettenhandel“ auf S. 23 und 24 mitgeteilten Entscheidungen des
Reichsgerichts dürfen hinsichtlich des Unternehmerlohnes sowohl der
infolge des Krieges erhöhte Lebensunterhalt wie die gesunkene Kaufkraft
des Geldes berücksichtigt werden.
Der Gewinn darf mit dem Friedensgewinn dann nicht verglichen
werden, wenn er schon damals nach kaufmännischer Anschauung ein
„übermäßiger“ war:
„Wenn die Frage der Übermäßigkeit des Gewinns auf einen Vergleich
zwischen den Reingewinnen im Kriege und im Frieden abzustellen ist, so muß
selbstverständlich hierbei ein Friedensreingewinn zugrunde gelegt werden,
der nicht selbst schon auch für die Anschauungen des Wirt-
schaftslebens über Gewinnerzielung im Frieden als über-
mäßig hoch beurteilt wird. In der Regel wird im Frieden der
Wettbewerb mit den Gewerbetreibenden gleicher Art für den angemessenen
Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage sorgen und verhindern, daß auf
die Dauer dem einen Unternehmer unverhältnismäßig größere Reingewinne
aus sonst gleichen Leistungen zufließen als den anderen. Gelingt ihm dies
im einzelnen Falle trotzdem, so ist er durch die Gewerbefreiheit daran nicht
gehindert, und es besteht im Frieden um so weniger ein Bedürfnis, dem
entgegenzutreten, als im allgemeinen der Gesamtheit der Volkswirtschaft und
der Verbraucher dadurch kein Nachteil geschieht. Denn den Verbrauchern bleibt
in der Regel die Möglichkeit offen, dieselbe Ware bei dem Konkurrenten zu
billigerem Preise zu kaufen, soweit kein Monopol hierfür besteht. Wo dieser
Nachteil dennoch zu befürchten ist, greift aber auch hier schon im Frieden die
Gesetzgebung unter Einschränkung der Freiheit des Gewerbes zuweilen mit
Taxen und Höchstpreisen ein. Im Kriege jedoch kann mit Rücksicht auf das
Gesamtwohl des Volkes und die Ermöglichung des kraftvollen Durchhaltens
bei den in § 5 Nr. 1 BRVO. vom 23. Juli 1915 genannten Gegenständen
des täglichen Bedarfs und des Kriegsbedarfs diese Freiheit, aus deren Ver-
kauf übermäßigen Gewinn zu erzielen, nicht nachgelassen werden. Die Absicht,
einen solchen übermäßigen Gewinn zu erlangen, wirkt hier stets preissteigernd
im allgemeinen und führt damit zu einer übermäßigen Einschränkung dieser
1) Vgl. die Schrift „Kriegswucher und Kettenhandel“ S. 20/21.
Mohn, Verwaltungsrecht. (Praktischer Teil.) 26