402 Besonderer Teil.
notwendigen Bedarfsgegenstände bei der Allgemeinheit des Volkes, namentlich
der minderbemittelten Kreise, oder zur Beeinträchtigung des Vermögens, dessen
Verwendung dadurch wieder anderen notwendigen Zwecken entzogen wird.
Denn im Kriege besteht wegen der Warenknappheit nicht die Möglichkeit, die=
selbe Ware beim Konkurrenten billiger zu kaufen, da dieser der Preissteige=
rung des einen zufolge der Ausschaltung der Konkurrenz ohne weiteres folgen
wird. Der Verbraucher wird zum Verzicht auf die Ware oder zu übermäßiger
Vermögensaufwendung gezwungen. In beiden Richtungen also wirkt ein
solcher übermäßiger Gewinn im Kriege in ganz anderer Weise auf das Gemein=
wohl schädigend ein, als im Frieden, und deshalb kann er im Kriege überhaupt
nicht geduldet werden. Ihm zu steuern, ist der Zweck der BRVO. vom
23. Juli 1915.“ (RG. in JW. 46 S. 367).
Auch ein den Marktpreis einer Ware nicht übersteigen=
der Verkaufspreis kann einen „übermäßigen Gewinn“
i. S. der BRV. darstellen. So RG. in Strafs. 49 S. 399/400:
„Bei Prüfung, ob ein geforderter oder gezahlter Preis einen übermäßigen
Gewinn im Sinne von § 5 Nr. 1 enthalte, verlangt die Verordnung eine
„Berücksichtigung der gesamten Verhältnisse, insbesondere der Marktlage“.
Diese, eine Gesamtheit von Beziehungen, und der Marktpreis einer Ware sind
nicht dasselbe. Die Marktlage berücksichtigen bedeutet nicht, der Händler dürfe
mit dem Marktpreis gehen, ihm folgen und die eigenen Preise danach richten,
wie die Revision meint. Denn dabei würde gerade das eintreten, was verhütet
werden soll. Die in der Verordnung bezeichneten Gegenstände könnten den
Verbrauchern in einem Maße verteuert werden, daß es nur wenigen unter
ihnen möglich wäre, sie zu erwerben. Es würde so die Ernährung und Lebens=
haltung weiter Kreise der Bevölkerung erschwert und damit die allgemeine
Wohlfahrt durch einen schrankenlosen Erwerbssinn einzelner gefährdet werden
können. Dem übermäßigen Gewinn des einzelnen steht nicht der Marktpreis
der Ware, sondern der gewöhnliche Gewinn gegenüber, wie er auch sonst beim
Verkauf von gewissen in der Verordnung genannten Gegenständen üblich und
angemessen ist, um den Handel damit nutzbringend zu gestalten, ein Gewinn,
der durch die gesamten Verhältnisse, insbesondere die Marktlage, gerechtfertigt
wird, also sachlich begründet ist. Nur diesen läßt die Verordnung zu. Sie
ist gerade dazu bestimmt, der Meinung entgegenzutreten, als dürfe der Kauf=
mann beim Handel mit Gegenständen der dort genannten Art die gleichen Preise
nehmen wie andere und so jedweden Nutzen einheimsen, der sich irgend erzielen
lasse. Es wird untersagt, die Preise nach Belieben in die Höhe zu schrauben,
um die vorteilhafte Marktlage und die Not des Krieges zu Geldgewinnen aus=
zunutzen, die in gewöhnlichen Zeitläuften dem Kaufmann in der Regel aus der
Ware nicht zugeflossen wären und in den Verhältnissen keine Stütze finden. Den
im Preis enthaltenen übermäßigen Gewinn verbietet die Verordnung. Auch
in einem dem Marktpreis entsprechenden Preis kann daher für den einzelnen
Verkäufer ein übermäßiger Gewinn stecken. Deshalb ist es nicht rechtsirrig,
wenn die Strafkammer auf den Marktpreis für Java=Reis in H. kein weiteres
Gewicht gelegt hat.
Die Marktlage bezeichnet nur eines der Verhältnisse, die bei Prüfung der
Übermäßigkeit eines Gewinnes zu beachten sind . . .“
Von besonderer Bedeutung ist für das Zivilrecht die Bek. betr.
Einwirkung von Höchstpreisen auf laufende Verträge vom
11. November 1915.
Gegen den Kettenhandel wendet sich die Verordnung über