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in erster Linie, die Gewerbeordnung des größten Bundesstaats, das ist die
Preußische vom 17. Junuar 1845 im Auge gehabt und würde nicht von einer
ausdrücklichen Klarstellung abgesehen haben, wenn es beabsichtigt hätte, den
grundlegenden Begriff „Gewerbe“ anders zu bestimmen als die Preußische
Gewerbeordnung. In dieser aber umfaßt, wie aus ihrem oben angeführten
827 Abs. 2 hervorgeht, der Begriff Gewerbebetrieb nicht nur den Inbegriff
aller auf Gewinn abzielenden Betriebe, sondern auch die objektiv, ihrer
technisch-industriellen Eigenart nach gewerblichen, aber nicht mit
Gewinnabsicht geführten Betriebe. Es ist also keineswegs ausgeschlossen,
wenn nicht gar wahrscheinlich, daß auch die Reichsverfassung von diesem
erweiterten Begriffe des Gewerbes ausgeht. Dies um so mehr, da, als die
Reichsverfassung beschlossen wurde, bereits die Reichsgewerbeordnung bestand,
die schon in ihrer ersten Gestalt eine Anzahl der oben erwähnten Vorschriften
über Angelegenheiten enthielt, die im engeren, die Erwerbsabsicht voraus-
setzenden Sinne nicht rein gewerblicher Natur waren (Hebammen, See-
steuerleute usw.).“
Weiter wird u. a. ausgeführt, daß auch die §§ 109, 110 des preuß.
Zust Gesetzes, welche nur die Zuständigkeit für die Genehmigung zur
Errichtung oder Veränderung gewerblicher Anlagen regeln, dieser
Auslegung nicht entgegenstehen, da das Wort „gewerblich“ im Zust.=
Gesetz ebenso aufzufassen sei wie in §27 der Preuß. GewO. und in
dem diese insofern bestätigenden Preuß. Gesetze vom 1. Juli 1861
(GS. S. 749).
„Demnach steht weder die Reichsverfassung noch der im Preußischen
Zuständigkeitsgesetze vom Gesetzgeber eingenommene Standpunkt der Auf—
fassung entgegen, daß die 88 16 ff. der Reichsgewerbeordnung unter „An-
lagen“ auch die nicht mit Gewinnabsicht betriebenen Anlagen verstehen.
Ob diese Auffassung berechtigt ist, muß aus Inhalt und Entstehungsgeschichte
der Reichsgewerbeordnung entschieden werden.
Der die §8 16 ff. umfassende Abschnitt der Reichsgewerbeordnung trägt
den Untertitel „Anlagen, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen“,
und beginnt mit den Worten: „Zur Errichtung von Anlagen, welche“ usw.
Daraus, daß nur von Anlagen, nicht von gewerblichen Anlagen gesprochen
wird, folgert eine Anzahl Schriftsteller, daß das Erfordernis der Genehmi-
gung aus 8§8§ 16 ff. sich auf alle Anlagen der in diesen Paragraphen bezeich-
neten technischen Art bezieht, ohne Rücksicht darauf, ob sie im Gewerbe-
betrieb oder anderweitig benutzt werden. Diese Auffassung wird vertreten
von Schicker, 4. Aufl. Anm. 1 zu §16 der REewO. S. 48, Hoffmann,
Anm. 2 seiner kleinen Ausgabe der RGewO. und bei Brauchitsch, Ver-
waltungsgesetze, Bd. 5 Anm. 2 zu §16; Laband, Staatsrecht, 4. Aufl.,
Bd. 3 S. 197. Sie beherrscht auch die preußische Praxis.
Die entgegengesetzte Auslegung des Begriffs „Anlage“ im Sinne der
8§ 16 ff. a. a. O. wird vertreten in den zu §16 gemachten Bemerkungen
der Kommentare zur RGewO. von v. Landmann, Anm.e; v. Rohr-
scheidt (2. Aufl.) Anm. 6; Lindenberg, Anm. 6; Reger-Stöhsel,
Anm 1 S. 37 (der für Bayern eine schwankende Praxis bezeugt).
Eine sichere Entscheidung läßt sich aus der Fassung des Gesetzes selbst
nicht ableiten. Der Sprachgebrauch schwankt, so daß angenommen werden
muß, es habe über die Frage und über die Abgrenzung der Begriffe „Ge-
werbe“ und „gewerbliche Anlagen“ keine völlige Klarheit geherrscht. Während
im allgemeinen in den 88 16—28 nur von Anlagen überhaupt die Rede ist,
spricht der (aus einem Initiativantrag des Reichstags in dritter Lesung