noch niemals eine ernstliche methodologische Revision der Be-
griffe versucht wurde.
Sofern die neuere Theorie der Rechtswissenschaft den
Gegensatz von Privat- und öffentlichem Recht auf den Inhalt
der Rechtsverhältnisse gründet, indem sie dem öffentlichen
Rechte die spezifischen Herrschaftsverhältnisse zwischen Staat
und Untertan zuweist, stützt sie sich auf eine fehlerhafte Vor-
aussetzung; denn nur soferne sie als Rechtsverhältnisse die
realen Relationen der Subjekte begreift, also den Inhalt einer
Erscheinung, deren Wert nur das spezifische Rechtselement
bildet, kann sie das unterscheidende Kriterium in einem Mo-
mente erblicken, das gar nicht dem Objekte angehört, das sie
zu unterscheiden hat; es liegt in der Wirklichkeits-, nicht in
der Wertebene, es ist ein tatsächliches, kein juristisches Moment.
Die Einteilung der Rechtsverhältnisse nach ihrem besonderen
Inhalt in Herrschafts- und Nicht-Herrschaftsverhältnisse hat un-
gefähr den gleichen systematischen Wert, wie eine ästhe-
tische Gruppierung von Gemälden nach der Qualität des
Rahmens oder der Substanz der Farben. |
Immerhin könnte auch eine solche Einteilung, konsequent
durchgeführt, gewissen praktischen Zwecken dienen, sofern sie
den Stoff gruppiert und so die Orientierung erleichtert. Allein
die Unterscheidung in Herrschafts- und Nicht-Herrschaftsver-
hältnisse ist gar nicht konsequent durchführbar, und von der
Theorie in noch viel geringerem Maße als dies möglich wäre,
durchgeführt.
Ganz absehen davon will ich, daß sich jedes Verhältnis zwi-
schen Menschen für eine auf die Wirklichkeit gerichtete Be-
trachtung bei näherem Besehen stets als Herrschaftsverhältnis
darstellen muß *. Denn als Herrschaft stellt sich jene Be-
12 Ein Gedanke, den schon Aristoteles, Politik, I. Buch, 2. Kap. deut-
lich ausdrückt.