Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

50 Allgemeiner Teil. 
in der Schließung die Festsetzung und Ausführung des Zwangsmittels 
liegt, ist nur die Aufsichtsbeschwerde aus 88 133 Abs. 2, 50 Abs. 3 LVG. 
zulässig (OVG. im PrVerwBl. 33 S. 199). 
Beispiele unmittelbaren Zwanges sind: Festnahme, Einsperrung, 
Drohung mit Waffengewalt, Tötung; Vorführung eines Impflings, 
Einsperren eines Kranken im Irrenhaus, wenn er gemeingefährlich 
ist; Anstreichen oder Überstreichen eines Hauses, um unzulässige In— 
schriften unleserlich zu machen; Abschneiden von roten Schleifen eines 
Kranzes, Wegfangen eines Hundes. 
Auch wenn z. B. infolge Einsturzgefahr bei Gefahr im Verzuge 
die sofortige Absteifung eines Hauses polizeilich erforderlich war und 
veranlaßt wurde, ist die Festsetzung und Einforderung der Kosten unter 
Androhung zwangsweiser Beitreibung gleichfalls Ausführung des 
Zwangsmittels, gegen welche es nur die Beschwerde im Aufsichtswege 
gibt (§ 133 Abs. 2). (OVG. im Pr Verw l. 32 S. 120). 
Der unmittelbare Zwang ist nicht nur in den ausdrücklich bestimm- 
ten Fällen zulässig, er kann vielmehr immer angewendet werden, wenn 
die Anordnung sonst unausführbar ist, also auch dann, wenn die Über- 
tretung eines Verbotes ohne unmittelbaren Zwang nach dem pflicht- 
mäßigen Ermessen der Polizeiorgane nicht zu verhindern ist.“ (O. 
im Pr Verw l. 20 S. 343). 
Auch wenn die Anordnung und Vollstreckung — also der unmittel- 
bare Zwang — sich nicht decken, liegt nicht eine neue polizeiliche Anord- 
nung, sondern immer nur die — allerdings fehlerhafte — Ausführung 
der bereits getroffenen Anordnung im Zwangswege vor, gegen welche 
nur die Aufsichtsbeschwerde aus § 133 Abs. 2 LVG. gegeben ist (OVG. 
59 S. 319). 
VIII. Weitere Folgen des Ungehorsams: evtl. öffentliche Strafen 
(vgl. St GB. 8§ 360 Ziff. 2 und Ziff. 10, 361, 366 Ziff. 1, 365, 327, 
110). 
Wegen der Rechtsmittel gegen die Anordnung eines Zwangs- 
mittels vgl. § 12. Gegen die Ausführung ist nur die Beschwerde im 
Aufsichtswege binnen 2 Wochen gegeben. (§ 133 II, 50 LVG.). 
IX. Anhang. Der Impfzwang. 
Nach dem Reichs--Impfgesetz v. 8. April 1874 besteht — abge- 
sehen von einzelnen Befreiungsgründen — Impfzwang. Zwecks 
Durchführung desselben sind in Preußen die Ortspolizeibe- 
hörden befugt, die zwangsweise Vorführung der impffflichtigen 
Kinder anzuordnen. Die Bestrafung aus §14 des Impfgesetzes schließt 
nicht aus, daß die Polizei Eltern usw. nochmals die Vorführung des 
Kindes binnen bestimmter Frist mit der Androhung gebietet, andern- 
falls die Impfung des Kindes selber herbeizuführen.
	        
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