82 Allgemeiner Teil.
daß, wenn die Rechtsordnung jemandem die Befugnis einräumt, fremde
Sachen zu beschädigen, er damit gleichzeitig die Mittel haben muß,
um dies im einzelnen Falle durchzuführen, kommt — wie Titze mit
Recht bemerkt — nicht zur Anwendung, weil X. selbst dann zu be-
strafen wäre, wenn er seine eigene Katze erschossen hätte. Mithin
kann das Recht aus § 228 BG#B. nur insoweit ausgeübt werden, als
andere gesetzliche Bestimmungen dem nicht entgegenstehen. Der Ent-
scheidung des LG. und O##. ist daher beizutreten.
Irrtum des Täters wird nach §59 StG. beurteilt. Uber-
schreitet die Polizeiverordnung das gesetzliche Strafmaximum, so ist
sie nur insoweit ungültig, als eine Überschreitung vorliegt. Es
kann aus ihr im Einzelfall bis auf das gesetzliche Strafmaximum er-
kannt werden (KG. bei Johow 20 S. 50).
VWagl. jedoch auch KG. (4. November 1912) in DJZ. 1913 S. 413/4,
wonach eine Polizeiverordnung, die eine zu hohe Strafe androht, im
vollen Umfange rechtsungültig ist, wenn der Regierungspräsident
nach §144 Abs. 2 LVG. allgemeine Anordnungen über die Höhe und
Form kreis= und ortspolizeilicher Vorschriften erlassen hat. Hier ist
die Gültigkeit der Polizeiverordnung durch die Festsetzung der Strafe
innerhalb des zulässigen Betrages bedingt.
Im übrigen schadet eine zu weit gehende Bestimmung einer
Polizeiverordnung nicht, wenn sich der gültige Teil von dem ungül-
tigen Teile trennen läßt. So auch Jellinek, Gesetz, Gesetzesanwen-
dung und Zweckmäßigkeit (1913) S. 216, welcher darauf hinweist,
daß bei unzulässiger Strafandrohung bis zu 30 Mark statt bis zu
9 Mark die Polizeiverordnung gültig sei, weil durch die Einschränkung
auf 9 Mark „weder dem klaren Sinne noch dem mutmaßlichen Willen
des Verordnungsorganes Gewalt angetan würde“. Vgl. auch O#.
im Prerw Bl. 21 S. 114 und KG. bei Johow 20 C. 56. Al. aber
K G. im „Recht“ 1909 S. 157 und 1911 S. 339.
8 10.
Polizeiliche Anordnungen.
I. Neben den Polizeiverordnungen gibt es als Sonderart gene-
reller polizeilicher Maßnahmen noch sogenannte „Polizeiliche An-
ordnungen“, die zur Ausfüllung oder zur Ergänzung eines vom Ge-
setz bereits mit Strafe bedrohten Tatbestandes ergehen, ohne daß
die Vorschriften über Form und Verkündigungsart für
Polizeiverordnungen gelten (vgl. Lindemann, Polizeiverordnungen
in Preußen, 2. Aufl., S. 17).
II. Sie sind auch materiell keine Polizeiverordnungen. Hier-
unter fallen beispielsweise die Anordnungen nach § 327/28 StGB.,