8 10. Polizeiliche Anordnungen. 83
auf Grund des Viehseuchengesetzes von 1900/1905 und des Rinder-
pestgesetzes von 1869, ferner Anordnungen nach 8§ 361 Nr. 1, 2 St G.,
361 Nr. 6—8, 367 Nr. 13—15. § 368 II StGB. und Anordnungen
betr. die Sperrung von Straßen z. B. für Fahrräder (KG. Johow 19
S. 262 und DJZ. 97 S. 226 KG.).
Vgl. insbesondere RG. in Straff. 22 S. 1921) zu der Frage,
ob Anordnungen der Behörden, welche in Ausführung des Vieh-
seuchengesetzes ergehen, als Polizeiverordnungen anzusehen sind
und diesen Vorschriften unterworfen sind:
„Es kann nun dahingestellt bleiben, ob es zu den wesentlichen Erforder-
nissen einer Polizeiverordnung gehört, daß in ihr eine selbständige Straf-
androhung enthalten ist; jedenfalls charakterisiert sich die Polizeiverordnung
als ein Ausfluß der gesetzgebenden Gewalt und als ein Akt, der hervorge-
gangen aus der Initiative der berechtigten Behörden beziehentlich Beamten
dazu bestimmt ist, die Erfüllung der den Polizeibehörden nach § 10 ALR. II 17
obliegenden Pflichten zu erleichtern und zu fördern. Prüft man von diesem
Gesichtspunkte aus Zweck und Inhalt der Verordnung vom 12. Nov. 1889,
so ergibt sich, daß durch sie Maßregeln über den Transport und das Halten
von Schweinen im Grenzbezirk angeordnet werden, welche dem Zwecke einer ge-
nauen Kontrolle des Verkehrs mit Schweinen im Grenzbezirke dienen.2) Ver-
gleicht man sie mit dem §7 des Reichsgesetzes, betreffend die Abwehr und
Unterdrückung von Viehseuchen, vom 23. Juni 1880 (Rl. S. 155), auf
den sich die Verordnung in ihrem Eingange beruft, so stellen sie sich dar ledig-
lich als eine Ausführung der Vorschrift desselben, nach welcher nach dem
Ausbrechen einer übertragbaren Seuche im Auslande der Verkehr mit den
betreffenden Tieren im Grenzbezirke solchen Bestimmungen unterworfen wer-
den kann, die geeignet sind, einer Einschleppung beziehentlich Weiterver-
breitung der Seuche vorzubeugen. Sie bilden gleichsam die Ausfüllung des
im 8 7a. a. O. gegebenen Blanketts und sind daher als eine selbständige
Gebotsnorm nicht anzusehen und um so weniger, als das Reichsgesetz im
§ 66 eine besondere Strafandrohung für ihre Nichtbefolgung enthält, die ein-
treten soll, sobald der Tatbestand des § 328 St G. nicht erfüllt wird.
Schon hieraus ergibt sich, daß die Anordnung vom 12. November 1889,
deren Bezeichnung als „Verordnung“ durchaus unwesentlich erscheint, von
1) Die Entscheidung erging zum R. betr. die Abwehr und Unterdrückung von
Viehseuchen v. 23. Juni 1880. An seine Stelle ist das Viehseuchengesetz v. 26. Juni.
1909 getreten. Doch gilt die Frage auch für dieses Gesetz, nach dessen §7 die Einfuhr
von Tieren usw. aus dem Auslande zum Schutze gegen die Gefahr der Einschleppung
von übertragbaren Seuchen der Haustiere „allgemein oder für bestimmte Grenzstaaten
verboten oder beschränkt werden kann“. § 4 spricht von „Anordnungen“ auf Grund
des Gesetzes, ebenso §§ 17, 18, 40 (Hundesperre!) von „Anordnungen“ oder „polizei-
lichen Anordnungen“. Sie ergehen in der Praxis als „viehsenchenpolizeiliche An-
ordnungen“.
2) Die Rechtsgültigkeit der Verordnung des Regierungspräsidenten und damit
die Anwendbarkeit des § 328 St G. wurde bezweifelt, weil sie — obwohl auf § 137
LVWG. gestützt — nicht den in § 140 LVG. vorgeschriebenen Formen entsprochen hatte,
da sie sich weder als „Polizeiverordnung“ bezeichnete noch auf die dort angeführten
Gesetzesstellen Bezug genommen hatte. Auch war aus ihr nicht zu ersehen, daß die
Genehmigung des Ministers für Landwirtschaft usw. eingeholt sei, wie dies § 3 des
preuß. Ges. v. 12. März 1881 betr. die Ausführung des Reichsges. über die Abwehr
usw. vorschreibe. «
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