Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

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hatten. So traf der General Macdonald am 11. Mai bei Bi— 
schofswerda auf den russischen Feldherrn Miloradowitsch und 
kaͤmpfte mehre Stunden hartnaͤckig mit ihm. Endlich zogen sich 
die Russen gerade über in die Stadt zurück, und den 12. Mai ent- 
stand Feuer in derselben, das so rasend uberhand nahm, daß der 
ganze gewerbfleißige Ort (dreihundert und dreißig Nummern) bis auf 
wenige alte Häuser ein Raub der Flamme wurde. Ungewiß sind 
noch immer die Angaben darüber, wer eigentlich das Feuer veran- 
laßt habe. Man hat es eben so den zurückweichenden Russen, als 
den nacheilenden Franzosen zugeschrieben. So viel ist aber gewiß, 
daß die Stadt wenigstens durch die Plünderung der Franzosen 
sehr großen Verlust hatte, und daß Macdonald den Räubereien seiner 
Soldaten hierbei offenbar Vorschub geleistet habe. Der Schade, 
den die arme Stadt hatte, war zuverlässig zwei bis dreimal hundert- 
tausend Thaler. Die unglücklichen Einwohner wendeten sich nach 
Dresden, und der wackere Stadtschreiber Süßmilch forderte unmittel- 
bare Audienz beim Kaiser Napoleon. In der damaligen stürmischen 
Zeit, wo der Kaiser mit den Schlachten bei Wurschen und Bautzen 
viel zu thun hatte, mußten die fkehenden Bischofswerder Abgeordne- 
ten fünf Tage lang warten, ehe sie vorgelassen wurden. Dann aber 
erhielten sie freundliche Aufnahme, hunderttausend Francs vorläufige 
Entschädigung und Vertröstung auf ein Mehres, wenn die Kriegs- 
ereignisse sich ferner glücklich gestalteten. Doch ist es bei jenen sieben 
und zwanzigtausend Thalern geblieben. 
12. Mai. 
Augult der Starke geboren. 
Der Geburtstag Friedrich August's I. oder August's des 
Starken. Sein Leben und seine Regierung ist so vielfach ereigniß- 
reich und der Betrachtung werth, daß wir heute nur einen Theil sei- 
ner Lebensgeschichte zu überblicken vermögen. Im Jahre 1670 an 
dem heutigen Tage ward er geboren und nachmals mit seinem Bru- 
der Johann Georg dem IV. aufs sorgfältigste erzogen. Frühzeitig 
reiste er unter dem Namen eines Grafen von Meißen durch Deutsch- 
land und Frankreich, durch Holland und England, durch Spanien, 
Portugal und Italien, hielt sich vorzüglich lange in Ungarn und in 
Wien bei seinem Freunde dem Kaiser auf und machte allenthalben, 
wohin er kam, großes Aufsehen. Denn er war eine ehrfurchtge- 
bietende Figur, begabt mit großer Lebendigkeit und Gewandtheit in 
allen Leibesübungen und mit einer Körperstärke, der es wohl möglich
	        
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