Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

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stark hinter einer festen Wagenburg und mit Kanonen (aus geschmol- 
zenen Glocken gegossen) wohl versehen: Die Fürsten schickten Abge- 
ordnete an das Bauernheer und ließen Gnade verheißen, wenn man 
nur Münzern ausliefern wolle. Allein Mönzer verhetzte die Bauern 
aufs Neue durch großsprecherische Anreden, versprach, alle Büchsen- 
steine (Kugeln) der Feinde mit seinem Mantel aufzufangen und mit 
dem Schwerte Gideows kräftig dreinzuschlagen. Er ließ, sogar 
zwei fürstliche Gesandte einsperren, zwei ermorden und schrieb einen 
groben Brief an die Fürsten. Nun — es war am 15. Mai 1525 
— begann der Angriff. — Die Bauern blieben unbeweglich und 
sangen geistliche Lieder. — Es wurden Kanonen auf sie gerichtet 
und Viele getödtet. Nun fingen sie an, an Münzer's Zauberkraft 
zu zweifeln und ergriffen bald die Flucht. Doch das half ihnen we- 
nig. Die Reiterei der Feinde ereilte sie und mebzelte furchtbar. Sie- 
bentausend vierhundert Bauern wurden getödtet, drei bis vierhundert 
sogleich vom Scharfrichter enthauptet, und statt der gehofften Frei- 
heit fand das arme, irregeleitete Volk nur noch schmachvollere Fes- 
seln. Münzer war in der Schlacht auch mit geflüchtet, harte sich 
eisigst in der Stadt auf einem Oberboden in ein Bett gelegt und 
als Fieberpatienten ausgegeben, der von der ganzen Sache nichts 
wisse. Allein neben seinem Bette fand ein Soldat Papiere, die ihn 
verriethen; er mußte heraus aus dem Bette, ward im Beisein Georg's 
des Bärtigen gefoltert und mit dem gleichfalls eingefangenen Pfei- 
fer am 27. Mai durchs Schwert hingerichtet. 
16. Mai. 
Grolse Feltlichkeiten 1812. 
Der Monat Mai im Jahre 1872 fährte den Bewohnern 
Sachsens die glänzendste und größte Armee vor Augen, die vielleicht 
jemals auf Erden ausgerüstet worden ist; und wenn damals die Ein- 
wohner unglaubliche Einquartierungslasten zu tragen hatten, so gab es 
doch auch für die Schautust erstaunlich viel Seltenes und Niegesehenes. 
Der Krieg gegen Rußland sollte damals beginnen. Rußland hatte 
1807 beim Tilsiter Frieden ein Bündniß mit Napoleon gemacht und 
Vieles zu halten versprochen, was ihm späterhin schwer siel. Es 
brach daher sein Bündnif, schloß sich sogar an die Engländer, Frank- 
reichs ärgste Feinde, offen an und ließ die englischen Waaren wieder 
freier bei sich eingehen. Dies und manche andere Nebenumstände 
veranlaßten den völligen Freundschaftsbruch zwischen Napoleon und 
Kaiser Alerander und den Krieg gegen Rußland. Schon im April 
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