Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

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I2. Januar. 
ülaus Narr. 
In alten Zeiten war es an den Höfen der Fürsten gewöhnlich, 
Hofnarren, lustige Tischräthe oder Pickelheringe zu halten und oft 
kostbar zu besolden, die mit ihren großentheils elenden Wißzen und 
Späßen dem Fürsten und den Hofleuten die Zeit vertrieben. An dem 
heutigen Tage 1530 starb einer der berühmtesten dieser Hofnarren, 
Klaus, der nach und nach bei drei Kurfürsten, einem Herzoge und 
einem Bischofe Lustigmacher war. Dieser Klaus war als Knabe in 
Altranstädt Gänsejunge und hörte einst auf dem Felde, wo er seine 
Thiere hütete, daß so eben der Kurfürst Ernst durch Altranstädt fah- 
ren werde. Hoöchst begierig, den Fürsten zu sehen, nimmt er die alte 
Gans unter den Arm, steckt die jungen mit den Hälsen in seinen 
Gürtel und eilt nun an die Straße, wo er sich unter die Zuschauer 
stellt. Der Kurfürst bemerkt ihn, lacht über den drolligen Einfall 
und unterhandell sogleich mit dem Vater, ob er ihm den Sohn zum 
Hofnarren überlassen wolle. Da dieser es gern zufrieden ist, so nimmt 
ihn Kurfürst Ernst sogleich mit sich, nachdem er vorher dem Bauer 
die erwürgten Gänse reichlich bezahlt hat. Daß dieser Narr biswei- 
len einen klugen Gedanken zu Tage brachte, sehen wir zu der Zeit, 
als Friedrich der Weise seine Länder mit seinem Bruder theilen wollte 
und bei dieser Gelegenheit, wie gewöhnlich, den Narren um Rath 
fragte. „Fritz,“ sagte dieser da, „gib mir einmal Deinen besten Rock.“ 
Friedrich that es, und Klaus zerschnitt ihn sofort in zwei Hälften, 
zog die eine davon an und trat vor seinen Herrn. „Wie mir dieser 
halbe Rock ansteht,“ sprach er, „so wird Dir es anstehen, wenn Du 
Deine Länder theilst.“ — Dagegern sind die meisten Späße dieses und 
anderer Hofnarren mit Recht Narrenspossen zu nennen. 
13. Jannar. 
Oberhokprediger Spener geboren. 
Den 13. Januar 1633 wurde Jakob Spener geboren, ein 
Mann, der durch seinen rastlosen Fleiß, durch seine innige, herzliche 
Frömmigkeit und durch sein unablässiges Guteswirken der Jugend 
wahrhaft als Muster vor Augen stehn kann. Er war in Straßburg 
geboren und studirte daselbst schon im siebzehnten Jahre seines Alters 
Theologie, erlangte bald darauf die theologische Doctorwurde und war 
schon im ein und dreißigsten Jahre oberster Prediger in Frankfurt am 
Main. Das war die Frucht seines seltenen Fleißes. Aber er
	        
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