Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

10 
  
lehrte auch ganz anders, als die Prediger damals zu thun pflegten. 
Er predigte nicht trockne, unfruchtbare Lehren, sondern wahrhaft Er- 
bauliches; er brachte nicht Streitigkeiten und Zänkereien auf die Kan- 
zel, sondern forderte unablässig auf zu Frieden und Liebe; er mischte 
nicht ganze Sätze in hebräischer, griechischer und lateinischer Sprache 
in seine Vorträge, sondern war klar und verständlich; er förderte 
nicht bloß den Glauben, sondern vor Allem die Liebe, die überall 
thätig sein müsse. Und was er lehrte, das übte er auch im Leben, 
darin war er Vorbild. Das waren die Früchte der ungeheuchelten 
Frömmigkeit. Weil aber sein Ruf sich so weithin verbreitete und 
seine Gelehrsamkeit, sein Charakter und sein Wirken in so großem 
Ansehen standen so berief ihn unser Kurfürst Johann Georg III. 
im Jahre 1686 zu der so wichtigen Stelle eines Oberhofpredigers in 
Dresden, die er annahm, und weshalb ihm ein Platz unter den be- 
rühmten sächsischen Männern gebührt. Aber gerade in Sachsen 
erschien sein wohlthätiges Wirken Vielen als unnütze Neuerung, sein 
Aufmuntern zur Herzensreinigkeit und Besserung als übertriebene 
Frömmigkeit und seine Rechtlichkeit als allzustreng und in der ge- 
wöhnlichen Welt anstößig. Er ward angefeindet und verfolgt, ver- 
fiel selbst beim Kurfürsten in Ungnade und ging deshalb 1691 als 
Probst nach Berlin. Hier genoß er große Verehrung und ein ruhi- 
ges Alter, erhielt auch von August dem Starken späterhin nochmals 
die Einladung zur Oberhofpredigerstelle in Sachsen, die er aber nicht 
annahm. Liebend und geliebt, fromm und gottergeben starb er nach 
dem Vorlesen des siebzehnten Capitels aus dem Johannes am 5. 
Februar 1705, wie ein Gerechter stirbt. 
141. Jannar. 
Barbara Uttmann gettorben. 
Von dem Spitenklöppeln im sächsischen Erzgebirge und von sei- 
ner hohen Wichtigkeit für die Gebirger, wie fürs gesammte Vater- 
land, habt Ihr oft in den geographischen Schriften des trefflichen 
Engelhardt gelesen; habt gesehen, wie dadurch nicht allein funfzig- 
tausend Menschen Brod und Beschäftigung finden, sondern auch Fleiß 
und Reinlichkeit, Ordnungs= und Schönheitssinn und ein einträch- 
tiges Zusammenleben der Menschen merklich gefördert wird. Heute 
denkt an die Erfinderin oder die erste Verbreiterin dieses wohlthätigen 
Nahrungszweiges, an Barbara Uttmann. Sie war im Städt- 
chen Elterlein geboren, wohin einst ihr Vater, Heinrich von Elter- 
lein, aus Nürnberg eingewandert war. Nachdem sie einen reichen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.