Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

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Getreide ein wunderbares Gedeihen. Der Schlüssel zur Domkirche 
in Meißen, den er beim Herannahen des Kaisers Heinrich 1085 in 
die Elbe warf, ward 1087 im Bauche eines Elbfisches wieder gefun- 
den u. s. w. Im Laufe der Zeit vermehrten sich die Sagen (Legenden) 
von seinen Wunderthaten, und etwa hundert und funfzig Jahre nach 
seinem am 16. Juni 1107 erfolgten Tode gab es schon alljährlich viele 
Wallfahrer, die zu Benno's Grabe in Meißen zogen. Aber als Hei- 
liger kommt er erst 1523 vor. Seine Gebeine kamen, da die Re- 
formation reißende Fortschritte in Sachsen machte, erst nach Stolpen, 
dann nach Wurzen und zulebt nach München, wo sie sich noch befinden. 
17. Juni. 
Herruhut und die Herrnhuter. 
Ein kleines Häuflein mährische Brüder, Ueberreste der Hussiten, 
hatten sich im Jahre 1722 aus Böhmen und Mähren in die Lausitz 
geflüchtet und erhielten vom Grafen Zinzendorf auf Berthelsdorf einen 
Platz am Hutberge zur Gründung neuer Wohnsitze. Dort bauten 
sie in Kurzem einen Ort, der weder Stadt noch Dorf ist, und nann- 
ten ihn Herrnhut. Am 17. Juni 1722 wurde der erste Baum 
zum ersten Hause gefällt. Der Graf, der bald unter den Eingewan- 
derten Zwiespalt in den religissen Meinungen bemerkte, überredete sie, 
daß sie eine gewisse Glaubensvorschrift annähmen und an diese 
sich streng hielten. So bildete sich die Brüder= oder Herruhuter- 
gemeine. Sie ist zwar der Lutherischen Lehre und der Augsburgischen 
Confession zugethan; aber sse hat einige Lehren und Gebräuche noch 
hinzugethan, oder mehr hervorgehoben, oder verschiedentlich abgeändert. 
Die Grundlehren, die in ihrem Leben und in ihren religiösen Ver- 
sammlungen sich aussprechen, sind unbezweifelt: Jesus Christus, der 
Herr der Gemeine, ist über Alles verehrungswürdig. Wir Menschen 
sind durchaus ohnmächtig und können durch eigene Kraft nichts zu 
unfsrer Seligkeit thun. Das Blut, der Tod Jesu Christi tilgt alle 
unsere Sünden. Nicht Denken und Grübeln, sondern Glauben und 
Empfinden gilt auf dem Gebiete der Religion. Zurückgezogenheit von 
der verderbten Welt und stilles Beten und Wirken geziemet dem 
Menschen. — Wie wahr und richtig sind alle diese Lehren und wie 
so ächt christlich, wenn sie richtig verstanden und ausgeführt 
werden! Aber wie leicht führen sie auch, falsch aufgefaßt, zu einem 
leeren Lippengeplärre und unverständlichen Formelwesen, zu einem 
Spielen mit dem Heiligen und mit den Bibelworten, die man nicht 
versteht, zur Verachtung andersdenkender Brüder, zur Ertödtung der
	        
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