Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

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unrechtmaͤgig zusammen; er war bald fuͤr, bald wider den Kaiser; 
er stritt unaufhoͤrlich mit dem Meißner Markgrafen Ekbert II.; er 
zog nach Polen, Maͤhren, Thuͤringen, nach Italien und selbst nach 
Spanien; er ließ einen maͤhrischen Fuͤrsten ermorden, ließ aber auch 
die Gegend von Pegau mit fraͤnkischen Ansiedlern besetzen und das 
beruͤhmte Kloster in Pegau bauen. Kurz, Wiprecht war bald Fuͤrst 
und gefürchteter Gebieter vieler Länder und Menschen — dann wie- 
der Pilger, der in Rom und in Spanien beim Grabe des heiligen 
Jakob fußfällig um Sündenvergebung bat. Er war großer Feldherr 
und Sieger in vielen Schlachten, Eroberer vieler Städte und Burgen 
— zuletzt aber frommer Mönch im Kloster zu Pegau. Er ward des 
Kaisers Gefangener und stand in Würzburg schon auf dem Richt- 
platze — dann aber erhielt er wieder von demselben Heinrich V. große 
Belohnungen, wie er sie früher von Heinrich IV. erhalten hatte. 
Er wurde von seinem Sohne aus der Gefangenschaft erlöst — und 
doch von demselben Sohne in Leisnig bekriegt und belagert. Er 
zerstörte und verwüstete Kirchen und Klöster — dann aber baute 
er wieder zu Pegau Kirche und Kloster und trug selbst zwölf Körbe 
Steine zum Baue herbei. Er war Räuber und Mörder — dann 
wieder Büßer und Beter. Er war des Kaisers großer Freund — 
dann wieder Rebell und Aufrührer. Er war unermeßlich reich — 
dann wieder in tiefster Armuth, ohne Güter und Burgen: seine Söhne 
mußten in Wäldern versteckt wie die Thiere leben. — Fürwahr ein 
seltener Lebenslauf'— Der merkwürdige Mann starb in der Mönchs- 
kutte zu Pegau den 19. oder 20. Juni 1124. — Wie verdient er 
sich um Ackerbau und Gewerbe machte, werden wir zum 28. dieses 
Monats in der Fortsetzung hören. 
21. Juni. 
Drinj TFavier oder Taér stirbt. 
Prinz Kavier (TKawieh), der eine burze Zeit die Kurfürstenstelle 
vertrat, war der zweite Sohn August's des II. Er war von Kind- 
heit an eifriger Soldat, wozu die Zeit der schlesischen Kriege wohl 
entflammen konnte. Im siebenjährigen Kriege kämpfte er##auf Sei- 
ten der Oestreicher und Franzosen tapfer gegen die Preußen. Als 
aber sein Bruder, der Kurfürst Friedrich Christian, nach zweimonat- 
licher Regierung so früh starb, da eilte er herbei, um für den drei- 
zehnjährigen Friedrich August einstweilen die Regierung zu führen. 
Das that er auch fünf Jahre hindurch mit Kraft, Umsicht und man- 
nichfachem Segen. Ihm verdanken wir die Freiberger Bergakademie,
	        
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