Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

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Bergherrn, Christoph Uttmann, geheirathet hatte, zog sie nach An- 
naberg und fing dort im Jahre 1561 an, unter ihren Mitbürgerin- 
nen das Spienklöppeln zu verbreiten. Ob sie es selbst durch Nach- 
denken erfunden, oder von einer geflüchteten Brabanterin gelernt, weiß 
man nicht genau; aber jedenfalls ward sie hierdurch eine Wohlthä- 
terin für Tausende, verbreitete in den rauhen, nahrungsarmen Ge- 
genden des Voigtlandes und Erzgebirges ein neues, regsames Leben 
und wendete dem Sachsenlande oft mehr als eine Million Ertrag in 
einem Jahre zu. Ihr Andenken muß darum immerdar gesegnet 
bleiben, und das schöne Denkmal auf dem Gottesacker in Annaberg 
sagt mit Recht: „Sie war die Wohlthäterin des Erzgebirges.“ 
Sie starb am 14. Januar 1575. 
15. Januar. 
Beabsichtigte Vergittung Friedrich's des Grossen. 
An eine schändliche That erinnert uns der heutige Tag, die zwar 
nicht von einem Sachsen und auch nicht an einem Sachsen verübt 
wurde, die aber doch, wäre sie gelungen, einen mächtigen, unbe- 
rechenbaren Einfluß nicht allein auf unser Nachbarland Preußen, 
sondern auch auf Sachsen selbst gehabt hätte. — Ihr kennt Alle 
den berühmten König von Preußen, Friedrich den Großen, den seine 
Soldaten voll Liebe und Begeisterung ihren alten Fritz nannten. 
Dieser war, wie Ihr unterm 29. August weiter sehen werdet, im 
Jahre 1756 mit drei Armeen in Sachsen eingerückt, schaltete und 
waltete darin wie in einem eroberten Lande und hielt sich im Herbste 
und Winter 1756—57 in Dresden oder der Dresdner Gegend auf. 
Hier nun war es, wo er am Morgen des 15. Januars mit einer 
Tasse Fleischbrühe oder Chocolate, die ihm sein vertrauter Kammer- 
diener Glasow darreichte, vergiftet werden sollte. Wer den schändlichen 
Undankbaren zu diesem Morde gedungen, ist unbekannt geblieben. 
Kurz, der König erfuhr eine Stunde vorher durch einen scheinbaren 
Zufall das furchtbare Geheimniß, nahm die dargereichte Tasse, rich- 
tete aber einen so durchdringenden Blick auf den Ueberbringer, daß 
dieser sich ihm zu Füßen warf und um Gnade flehte. — Glasow 
wurde nach Spandau in sehr hartes Gefängniß gebracht, wo er bald 
darauf in elendem Zustande starb. — Erkennet auch in dieser kleinen 
Begebenheit das ewige Walten Gottes. Wie konnte der heutige 
Morgen einst unserm Vaterlande die Schrecknisse des siebenjährigen 
Krieges ersparen, Europa plötzlich den Frieden gewähren, aber auch 
dem Preußenlande seinen großen Helden und Vater und der Welt 
ein glänzendes Vorbild seltner Fürstengröße rauben!
	        
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