Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

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schuͤsse brachten den Bewillkommnungsgruß. — Und so wie es am 
Tagé des Einzuges war, so dauerte es troh Regen und Gewitter 
durch den ganzen September. Da nahmen Opern und Komödien, 
Bälle und glänzende Tafeln, Turniere und Ringelrennen, Paraden 
und Revuen, Jagden und Lustschießen kein Ende. Einen Jahrmarkt 
gab es am Hofe von lauter Masken ausländischer Menschen; ein 
Turkenfest, wo dreihundert und funfzig Janitscharen aufwarteten; Göt- 
teraufzüge von ungeheurer Pracht; das berühmte, bergmännische Fest 
im Plauenschen Grunde, wo ein Tempel neben zwei feuerspeienden 
Bergen gebaut war, aus welchem zweitausend Bergleute mit Gru- 
bengeschenken für das junge Ehepaar den Berg herabstiegen. So 
reihte sich Fest an Fest bei Tag und Nacht. — Im armen Erz- 
gebirge war eben große Theuerung und Hungersnoth. 
3. September. 
Der erlte Schuls im tiebenjährigen Kriege. 
Die auf dem schönsten Basaltberge Sachsens liegende Stadt Stolpen 
ist in der Geschichte unsers Vaterlandes zu mehren Zeiten bemer- 
kenswerth geworden. So soll unter Anderm im Jahre 1756 am 
heutigen 3. September der erste preußische Schuß im siebenjährigen 
Kriege in Stolpen gefallen sein, der diesen Krieg gleichsam eröffnete. 
Die Garnison der Festung war auf höhern Befehl nach dem Son- 
nenstein gezogen, der zur Deckung des bei Pirna aufgeschlagenen 
sächsischen Lagers wichtiger als Stolpen warz nur der Commandant 
Stolpens, von Liebenau, ein vier und siebzigjähriger Greis, ein 
alter Capitain und ein Lieutenant mit einigen Mann Wache waren 
in der Festung zurückgeblieben. Preußische Husaren erschienen un- 
vermuthet am 3. September Abends sechs Uhr, rückten über die nie- 
dergelassene Zugbrücke in das Schloß, und der preußische Anführer 
von Warrneri streckte in dem Augenblicke, als der alte Comman- 
dant seinen Degen übergeben wollte, denselben durch einen Mistolen- 
schuß zu Boden. Dieses ist der erste Schuß, der in diesem, Sachsen 
so furchtbar verheerenden Kriege von preußischer Seite geschah. We- 
nig nutzte Stolpens Besitz den Preußen; daher verließen sie es schon 
nach funfzehn Tagen, nachdem sie die vorgefundene Munition und 
Waffen in den Brunnen geworfen, die schöne Wasserleitung zerstört 
und einen Theil der Festungswerke und Schloßgebäude niedergerissen 
hatten.
	        
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