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Ephraim Lessing ward 1729 zu Camenz, wo sein Vater Prediger
war, geboren. Schon als Knabe von fuͤnf Jahren aͤußerte er seine
seltne Vorliebe für Bücher und Wiss enschaften. Denn als ihn ein
Maler damals mit einem Vogelbauer in der Hand zeichnen wollte,
bat er: „Nein, lieber mit einem großen Haufen Bächer!“
Der Maler erfüllte seine Bitte und nahm ihn auch zugleich unter
seine Zeichnenschüler auf, so wie ihn der Rector Mylius in alten Spra-
chen unterrichtete. Lessing war ein so fähiger Kopf, daß er schon im
zwölften Jahre nach Meißen und im si ebzehnten auf die Universität
kommen konnte. Aber freilich Theologie, wie es der Vater wünschte,
studirte er nicht in Leipzig, sondern fing bald an, über die verschie-
denartigsten Gegenstände des Wissens Bücher zu. schreiben.
Blühend und herrlich, wie man in der deutschen Sprache nie als
möglich gedacht hatte, war sein Vortrag, groß und erhaben seine
Dichtkunst, neu und unerhört seine Schau= und Trauerspiele. Darum
nennt man ihn oft den Vater der deutschen Sprache, der deutschen
Dichtkunst und des deutschen Schauspiels. Darum riefen ihn Städte
und Fürsten zu sich, und selbst Kaiserin Maria Theresia gab ihm
Zeichen des größten Wohlwollens. Darum zog ihn insonderheit der
Herzog von Braunschweig an seinen Hof und gab ihn seinem Sohne
als Begleiter auf einer Reise nach Italien mit. Doch hatte er, eben
weil er viel Neues lehrte und that, auch viele Widerfacher und
Kämpfe. Er starb den 15. Februar 1781 und ward von ganz
Deutschland betrauert; die dankbare Nachwelt aber gründete ihm zu
Ehren — siehe den 3. Januar — in Camenz das Lessingsstift.
23. Januar.
Friedrich Sehneider geboren.
Kein musibalischer Genuß ist schöner, erhebender und den gan-
zen Menschen ergreifender, als eine schöne Kirchenmusik, namentlich
ein vierstimmiger Männergesang. Wer in Verfertigung schöner
Kirchenstücke eine Meisterschaft errungen, wer den Namen eines großen
Kirchencomponisten erlangthat, ist gewiß ein vorzüglicher Tonkünst-
ler. Ein solcher ist unläugbar auch Johann Christian Friedrich
Schneider, welcher am 23. Januar 1786 in Waltersdorf bei Zittau
geboren ward. Schon sein Vater war leidenschaftlicher Musikfreund und
hatte es vom Zwillichweber bis zum Organisten gebracht. Dieser lehrte den
Sohn frühzeitig Klavier, Orgel und viele andere Instrumente. Als der
junge Schneider in Zittau auf der Schule war, componirte er schon viel
für Singstimmen und Instrumente. Noch weit mehr bildete er sich
til