Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

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1. September. 
Jahrestag der Conltitution. 
Für jeden Sachsen ein feierlicher Tag, der schön und herrlich 
neben unsern schönsten Religionsfesten glänzt. Denn wenn die Re- 
ligion uns das Heiligste, die wahre Beseligung des unsterblichen 
Geistes, gab, so gewährt uns die „Verfassung vom 4. Septem- 
ber 1831“ das schönste Kleinod und das sicherste Unterpfand ur un- 
serer buͤrgerlichen Wohlfahrt, unsers irdischen Glückes. Diese Ver- 
fassung ist, wie Ihr wisset, ein Vertrag zwischen König und 
Volk, wodurch die Rechte und die Pflichten des Regenten 
wie der Unterthanen fest bestimmt sind. Vor dem Jahre 
1831 konnten Sachsens Regenten fast ganz nach Willküur re- 
gieren; brauchten keine Rechnung abzulegen; waren über keine 
ihrer Handlungen verantwortlich. Es gab zwar Landstände; aber 
sie hatten hauptsächlich nur über die neuen Steuern und über die 
wichtigsten Gesetze eine Stimme, die aber in der Vorzeit auch 
auch oft nicht beachtet worden war. Dazu bestanden sie fast nur 
aus Adeligen und Stadträthen, die also nicht den Gesammtbedarf 
des Landes kannten und im Auge haben konnten. Da nun in an- 
dern deutschen Staaten eine neue Regierungsweise mit Bewilligung 
der Fürsten eingeführt worden war; da man wohl fühlte, daß die 
Bedürfnisse unsers Vaterlandes auch manche Abänderung verlang- 
ten: so bat das Volk im Jahre 1830 den ehrwürdigen König An- 
ton und dessen edlen Mitregenten Friedrich August um eine neue 
Landesverfassung oder Constitution. Sie ward ihm verheißen und 
nach sechsmonatlicher, reifer Erwägung gewährt. Ihre Hauptpunkte 
gibt klar und eindringlich an des unvergeßlichen Engelhardt's Vater- 
landskunde. Hier ist nur Raum für den vierfachen, ernsten Gedan- 
ken: Die Constitution ist für Sachsen eine unnennbare, nicht genug 
zu preisende Wohlthat; möge das jeder mit jedem Jahre inniger 
erkennen! Die Constitution kann aber nicht den Unterthan von- 
allen und jeden Lasten frei machen, oder alle menschlichen Wünsche 
befriedigen: das kann nur der Thörichte boffen. Die Fürsten, die uns 
die Constitution gewährten, verdienen den wärmsten Dank, und ihre 
Namen werden durch alle Jahrbunderte in der Sachsengeschichte 
leuchten. Möge das Vaterland für alle Zeiten, die noch kommen 
werden, edle Fürsten, wahre Väter des Volkes haben, wie wir sie 
hatten, und am schönen Constitutionsfeste sich allezeit freuen, wie wir 
heute uns freuen und fröhlich sind!
	        
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