Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

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dererziehung bezweckten, und nicht allein unter den Deutschen, sondern 
auch in Frankreich und England unglaubliches Aufsehen machten. 
Was er da fuͤr die Kinderwelt that, war so neu und so schoͤn, daß selbst 
Fuͤrsten ihm fuͤr sein Verdienst um die Jugend dankten, ihn in Leip— 
zig besuchten und ihm auf jede Weise ihre Verehrung bewiesen. 
Mochte daher auch der treffliche Mann manches Hauskreuz zu tragen 
haben — denn er und die Seinigen erfuhren besonders viel Krank- 
heitsnoth — mochte die Bosheit einzelner Menschen ihm großen 
Kummer machen — denn einer seiner Schreiber stahl ihm einst zwei- 
tausend und einhundert Thaler — so war er doch im Schooße seiner 
Familie und in seinem lieben Leipzig zufrieden und glücklich, und 
genoß unter seinen Mitbürgern tausend Beweise von Liebe. Als er 
in seinem ein und siebzigsten Jahre einmal ins Theater kam, 
riefen Alle: „Vivat unser guter Weiße!“ und als er, neun 
und siebzig Jahr alr, starb, war ganz Leipzig in Trauer, und durch 
Lanz Deutschland erregte die Todeskunde eine seltne Theilnahme. 
Ja auch hunderr Jahre nach seinem Geburtstage ehrte ihn die Nach- 
welt, indem in Annaberg am 28. Januar 1826 ein fröhliches Kin- 
derfest begangen und eine milde Stiftung zum Besten armer, verlas- 
sener Kinder gemacht wurde. Fürwahr eine Feier, ganz würdig und 
ganz im Sinne des unvergeßlichen Kinderfreundes! 
29. Januar. 
Katharine von Zora geboren. 
Katharinevon Bora, dietreue und vielgeprüfte Gattin Luther's, 
wurde 1499 am 29. Januar geboren. Ihren Geburtsort und ihre 
Eltern vermag man nicht bestimmt zu nennenz so viel nur weiß man 
von ihrer Jugend, daß sie aus einem altadeligen Geschlechte abstammte 
und von ihren Eltern in das Cisterzienserkloster Nimbschen als Nonne 
gebracht wurde. Als Luther's Lehren sich späterhin ausbreiteten, bat 
Katharine und mit ihr acht andere Nonnen, daß man sie aus dem 
Kloster entlassen möchte; allein weder ihre Obern, noch ihre Ange- 
hörigen wollten dies bewilligen. Da wendete sie sich klagend an 
Luther, der den Torgauer Bürger Leonhard Koppe dahin vermochte, 
daß er das „armselige Völkchen“ am Charfreitage 1523 aus Nimb- 
schen entführte und nach Wittenberg brachte. Hier lebte Katharine 
zwei Jahre lang im Hause des Stadtschreibers, und 1525 den 13. 
Mai reichte sie Luthern als Gattin die Hand. Mit ihm lebte sie
	        
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