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in der Bibel lesen, oder die gottesdienstlichen Gesaͤnge singen, ober die
Predigt des goͤttlichen Wortes verstehen koͤnnen ohne Schulen, wo
die Jugend zum Lesen, zum Verstehen des Gelesenen und vor Allem
zur klaren, eindringlichen Auffassung der goldenen Religionswahrhei—
ten fruͤh angeleitet wird? Wer sollte den Grad von Bildung und
Aufklärung erreichen, den die Reformatoren so gern erreicht wissen
wollten, wenn nicht in den Schulen die beste Vorbereitung dazu
geschah und der Grund gelegt wurde? Schon deshalb war das
Wirken Luther's und der andern ehrwürdigen Glaubenshelden von
hoher Wichtigkeit für Schulen und Jugendunterricht. Aber mit der
Reformation wurde auch zugleich auf Anlegung von Schulen und
auf Verbesserung der wenigen bestehenden gedrungen. „Ohne
Schulen,“ sprach Luther, „werden die Menschen Bären und Wölfe.
So wie man auf Wege und Stege und auf das gemeine Wesen
jährlich so Vieles verwendet: so muß man es auch an die dürftige,
arme Jugend wenden, daß sie einen oder zwei Schulmeister habe.“
Und sein Wort fand viele empfängliche Ohren und Herzen: es ent-
standen allenthalben neue Schulen und Bildun göanstalten, und die
Fürsten Sachsens selbst thaten unglaublich viel für Verbesserung des
Schulwesens. Auch darum war die Reformation für die Schulen
hochwichtig. Nehmet nun noch hinzu, daß auch die Unterrichts-
weise von jener Zeit an gänzlich verändert, sichtlich gehoben und
auf ein festeres Ziel hin gerichtet wurde. Denkt an die großen
Hilfsmittel, die die Reformation hervorbrachte, die deutsche, allen
Christen freigegebene Bibel, den trefflichen Lutherischen Katechis-
mus und manches andere ähnliche Buch, das Luhher und Spalatin,
Melanchthon und Myconius zum Nubßen und Frommen der Lehrer,
wie der Jugend schrieben. War das nicht Alles von außerordentli-
cher Wichtigktit für Sachsens und nachmals für Deutschlands Schu-
len? O, so dankt am Tage der Reformation auch dafür dem
Herrn, der große Dinge an uns gethan hat, der da mächtig ist, und
deß Name heilig ist! So nennet auch darum die Namen unserer
Glaubenshelden mit stiller Ehrfurcht und Rührung. So nüßbel
vor Allem die Schulen und ihren Unterricht so treu als moͤglich,
und lasset den hier ausgestreuten Samen herrliche Frucht bringen fuͤr
eure Gemeinden, fuͤrs geliebte Vaterland, fuͤr Zeit und Ewigkeit.
1. November.
Detrus Apianus geboren.
Von einem merkwürdigen Manne, der abermals aus dem
Staube der Niedrigkeit zu hohen Ehren emporstieg, wollen wir heute