Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

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ein und zwanzig Jahre hindurch als zaͤrtliche, treuliebende Gefaͤhrtin und 
gebar ihm sechs Kinder, von welchen drei Söhne und eine Tochter 
den Vater überlebten. Nach des geliebten Gatten Tode lebte sie mit 
ihren Kindern meist in Wittenberg, und zwar oft recht dürftig und 
kümmerlich. Denn der große Reformator hatte bei seinem großen 
Tagewerke doch nicht Schäte gesammelt, und die Wittwe mußte da- 
her das kleine Gütchen in Zeilsdorf bei Borna bald verkaufen und 
dessen ungeachtet noch in drückender Armuth oft schmachten. Johann 
Friedrich, der Kurfürst, konnte sie in damaliger Zeit des Krieges und 
der Verwirrung wenig unterstützen, und König Christian von Däne- 
mark schickte die versprochene Pension auch nicht. Noch drei Monate 
vor ihrem Tode flüchtete sie der Pest halber von Wittenberg nach 
Torgau, ward unterweges von den scheu gewordenen Pferden umge- 
worfen und that einen sehr unglücklichen Fall. So kam sie sehr krank 
in Torgau an, und starb daselbst den 20. December 1552. 
30. Januar. 
Lichtwer geboren. 
Unter die Männer, die durch ihre Schriften nun schon seit 
hundert Jahren der Kinderwelt genußt und treffliche Lehren in ihren 
lieblichen Dichtungen gegeben haben, gehört auch der ODichter Licht- 
wer, der im Jahre 1719 am heutigen Tage geboren wurde. Wurzen ist 
seine Geburtsstadt. Er widmete sich eigentlich der Rechtskunde, bekleidete 
auch verschiedene obrigkeitliche Aemter und starb endlich im Preußi- 
schen, zu Halberstadt, 1783. Aber neben seinen Berufsgeschäften be- 
fleißigte er sich auch der Dichtkunst und gab 1748 die trefflichen 
Fabeln heraus, die damals von Alt und Jung begierig gelesen wur- 
den, und noch jetzt nebst Gellert's und Pfeffel's Fabeln am meisten 
die Kindesgemüther ansprechen. Sie sind leicht verständlich, meist 
launig, und drücken die Lehre, die sie dem Leser geben sollen, kurz 
und bündig aus. Wie trefflich ist die von Tausenden gelesene Fabel: 
der Affe und die Uhr; oder die andere: der blinde Eiferz oder: der 
Hänfling, der Uhu und die Lerche, und viele andere! Man hört sie 
immer wieder mit neuem Vergnuͤgen, und es wuͤrde auch Euch viel— 
leicht erfreulich sein, wenn Ihr heute, am Geburtstage Lichtwer's, 
aus Hempel's kleinem Schulfreunde oder aus irgend einer Gedicht- 
sammlung Eins oder das Andere von dem laͤngst entschlafenen, wackern 
Kinderfreunde lesen koͤnntet.
	        
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