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Jetzt, nachdem der gefuͤrchtete Kaiser Albrecht geschlagen und aus der
Mark Meißen hinausgetrieben war, wollten sie ihres Besitzes einmal
froh werden, und Friedrich wollte auf der Wartburg, Diezmann aber
in Leipzig fröhliche Weihnacht halten. Allein es war ihnen auch dies
Glück nicht beschieden. Als am Vorabend vor dem Christfeste Diez-
mann in der Thomaskirche vor dem Hochaltare knieete und mit zahl-
losen Betern die Christmetten feierte, drängte sich neben ihn ein Un-
bekannter, und im nächsten Augenblicke sank er mit dem Rufe#
„Mord, Mord!“ in die Arme seiner Begleiter. Augenblicklich ver-
stummte der Chorgesang; die Zahl der Lichter wurde vermehrt; alle
Thüren besetzt, um den Mörder zu entdecken; ungeheurer Tumult
erhob sich durch die weiten Tempelhallen. Auch fand man bald einen
Mann, dessen Gewand und Hände blutig waren, und zu dessen Füßen
ein blutbefleckter Dolch lag. Er ward gefesselt und zur peinlichen
Untersuchung gezogen; aber er gestand auch unter den größten Mar-
tern doch nicht, wer ihn zu dem Bubenstücke gedungen habe, und
erlitt späterhin, ohne bekannt zu haben, den grausenvollsten Tod.
Diezmann, der edle Markgraf, lebte noch bis zum vierten Tage, sah
noch einen Augenblick seinen geliebten Bruder, der von der Wartburg
herbeigeflogen war, verschied dann in dessen Armen und ward in der
Paulinerkirche zu Leipzig begraben. — In den neuesten Zeiten hat
man mit mannichfachen Gründen die ganze Ermordungsgeschichte be-
stritten und bloß von einem plötzlichen Todesfalle überhaupt wissen
wollen; allein die einzelnen Thatsachen und Nebenumstände, deren
die Chronikenschreiber gedenken, dürften doch kaum ganz erdichtet sein.
25. December.
Ver Dresdner Friede.
Das Weihnachtsfest pflegt sonst die Herzen alle zu stiller Freude
und Seligkeit zu erwecken; aber der erste Weihnachtstag im Jahre
1745 konntr für die Bewohner unsers Landes kein freudiger sein,
sondern mußte mannichfach bittere und schmerzliche Empfindungen
anregen. Es war nemlich seit dem Monat Mai von Sachsen und
Oestreich der zweite schlesische Krieg gegen Friedrich den Großen
geführt worden. Der Minister Brühl, dieser Urheber so vieler Ue-
bel, hatte, nachdem er im ersten schlesischen Kriege auf Preußens
Seite gestanden, jetzt sich durch verschiedene Gründe bewogen gefuͤhlt,
den Oestreichern Hilfe zu leisten und vier und zwanzigtausend Mann
Sachsen zu den östreichischen Heeren zu schicken. Allein troß der
Uebermacht auf Seiten der Verbündeten war es doch den Sommer