Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

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Viel Arzneien theilte sie aus, schickte arme Kinder zur Schule, stattete 
unbemittelte Toͤchter aus, und that viel an Witwen und Wajsen, an 
Kirchen und Schulen. — Sie wax endlich eine musterhaft fromme 
Dulderin. In den Schreckensjahren des dreißigjährigen Krieges, wo 
das Land in höchster Drangsal und der Gemahl so häufig por dem 
Feinde abwesend war, betete sie unablässig, besuchte bis an ihr Ende 
jeden Gottesdienst in der Hofkirche und legte überall durch die That 
an den Tag, daß ihr Wahlspruch: „Wie Gott will!“ aus dem In- 
nersten des Hexzens gekommen sei. Sie ruht in Freiberg, wohin 
ihre Leiche erst den 12. April abgeführt wurde. 
13. Februar. 
Treflten bei Kalitch. 
Welche ungeheure Opfer hat der russische Feldzug gekostet, den Na- 
poleon im Jahre 1812 unternahm, und der einen so traurigen Ausgang 
hatte! Sachsen hatte zu diesem Feldzuge ein und zwanzigkausend vier 
hundert Mann mit siebentausend Pferden gestellt, die meist unter dem 
französischen General Reynier (Rennieh) standen, und dies ganze schöne 
Corps sammt den zum öftern nachgeschickten Verstärkungen ward 
doch durch Schlachten, durch Krankheiten und durch die furchtbare Win- 
terkälte fast ganz aufgerieben, so daß nur wenige Mann (siehe den 8. De- 
cember) ihr Vaterland wiedersahen. Amsschrecklichsten war der Rückzug, 
bei welchem die armen Krieger, an Allem Mangel leidend, siech und 
elend, doch unaufhörlich mit den verfolgenden Russen kämpfen muß- 
ten. Gerade die Sachsen bewiesen in diesem schauervollen Kriege 
die beste Mannszucht und eine verzweifelte Tapferkeit, und bestanden 
auch noch das letzte Gefecht des eigentlich russischen Feldzuges, das 
Gefecht bei Kalisch, am 13. Februar 1813. Kalisch liegt in Po- 
len, nahe an der preußischen Grenze. Bis dahin waren die Sachsen 
unter ihren Generalen Lecog und Gablenz, nur noch sechstausend Mann 
stark, gekommen, wurden aber auch hier noch, dem deutschen Boden 
so nahe, von einer gewaltigen Uebermacht angegriffen. Siie hatten 
kaum einige Hundert Reiter — der Feind mehr als sechstausend;z sie hat- 
ten wenig schlecht bediente Kagonen — der Feind ganze Batterien. Es 
war ein verzweifelter Kampf, der den ganzen Tag hindurch dauerte 
und viele Todte und Gefangene kostete. Selbst die feindlichen Ge- 
nerale Winzingerode und Lanskoi bezeugten den Sachsen ihre hohe 
Verwunderung. Besonders verdient eine schöne Waffenthat ehren- 
volle Erwähnung. Als die Sachsen sich in Vierecken über ein Feld 
zurückzogen, nahm ihnen eine Kosakenabtheilung eine Kanone, welche 
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