Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

5 
— — — 
— 
schen Reiches, so wie die Legaten oder Abgeordneten des Papstes waren 
begierig zu sehen, wie sich das neue Reichsoberhaupt in dieser ernsten 
Zeit benehmen würde. Es wurden mancherlei weltliche Angelegen- 
heiten besprochen und entschieden; vor Allem aber kam die Kühnheit 
und Unerschrockenheit des Mannes in Wittenberg zur Sprache, der 
dem Papste zu widersprechen gewagt hatte. Die Gesandten von Rom 
wünschten, „daß dieser Irrlehrer zum Widerruf gezwungen und be- 
straft werden möge.“ Die meisten Reichsstände aber, die das Ver- 
derben der Kirche und die Anmaßung der Päpste recht wohl erkannt 
hatten, wollten durchaus nicht zugeben, daß man Luther verfolge, 
sondern forderten, er möge auf den Reichstag geladen werden, dort 
seine Meinung frei aussprechen und nur dann erst der Strafe verfal- 
len, wenn seine Irrlehren erwiesen wären und er beharrlich darin 
verbliebe. — Der Kaiser gab aus kluger Rücksicht diesen Wünschen 
nach und schickte nun den Reichsherold Kaspar Sturm nach Wit- 
tenberg, um Luther abzuholen. 
7. Januar. 
Tommandant Vopel in Leipjig. 
Leipzig galt noch im dreißigjährigen Kriege als eine nicht ganz 
unbedeutende Festung, und namentlich war die Pleißenburg damals 
ziemlich schwer zu nehmen. Im Jahre 1631 nun, wo der gefürch- 
tete Tillp von Magdeburg herauf nach Sachsen kam, befehligte in 
Leipzig der sachsische Hauptmann von Vopel, ein feiger, zaghafter 
Soldat, der vor dem in Waffen ergrauten Tilly freilich zitterte. Als 
Tilly am 5. September die Stadt mit Feuerkugeln beschoß, capitu- 
lirte sie, und am 7. übergab Vopel auch die feste Pleißenburg. Das 
war in diesem Falle eine schimpfliche, verbrecherische Handlung. 
Denn Vopel mußte doch wissen, daß sein Kurfürst, mit dem Schwe- 
denkönige vereinigt, nahe bei Leipzig stand; daß eine Schlacht noth- 
wendig bevorstehe; daß mithin Tilly's Abzug und die Hilfeder 
Freunde in den nächsten Stunden bevorstehe. Dessen ungeachtet ließ 
ihm Johann Georg Verzeihung angedeihen und machte ihn sogar, 
nachdem Leipzig wieder genommen war, abermals zum Commandan- 
ten daselbst. Doch im folgenden Jahre 1632 kam kurz vor der 
Schlacht bei Lützen Holke, der kaiserliche Feldmarschall, vor die 
Stadt, fing an, sie fürchterlich zu bombardiren, und drohte, im Fall 
sich die Besahung nichtrergäbe, Mann für Mann niederzuhauen, 
Vopel aber an ker Stadtmauer aufzuhenken. Da verlor Vopel aber- 
mals den Kopf und übergab aus Feigherzigkeit die wohlverwahrte
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.