Full text: Handbuch des Königlich Sächsischen Verwaltungsrechts.

Staatsangehörigkeit. 559 
den (RGes. vom 1. Juni 1870 S. 355 §§ 1—12, 21, und #, 240). 
Gegenüber Bahern und einigen nichtdeutschen Staaten sind jedoch frühere 
sächsische Staatsangehörige auch ohne vorherige Wiederverleihung der St. 
zu übernehmen (s. Ausweisung B). Die Aufnahme= und die Naturali- 
sationsurkunde wird durch die Kreishauptmannschaft ausgestellt; ihre Aus- 
händigung, die Vorbereitung des Gesuches und die Abnahme des Unter- 
thaneneides (s. d.) gehört vor die Obrigkeit (Amtshauptmannschaft, Stadt- 
rath) des Niederlassungsortes. Die letztere hat in Naturalisationsfällen 
die Erklärung des Niederlassungsortes zu erfordern. Ein Widerspruchs- 
recht steht jedoch den Gemeinden weder gegen die Aufnahme noch gegen 
die Naturalisation zu, wie andrerseits Ausländer ein Recht auf Natu- 
ralisation nicht haben. Das Gehör der Stadtverordneten ist in Natu- 
ralisationsfällen nicht vorgeschrieben, jedoch zu empfehlen. Die Ertheilung 
der Aufnahmeurkunde erfolgt kostenfrei. In Naturalisationsfällen ist für 
die Urkunde selbst eine Gebühr von 6 —/, für die vorausgegangenen Er- 
örterungen ein Betrag von 3 bis 10 J zu entrichten. Ueber Gesuche 
um Wiederverleihung der St. entscheidet, wenn der Auswandernde nicht 
wieder nach Sachsen zurückkehrt, das Ministerium des Innern, andern- 
falls die Kreishauptmannschaft (VO. vom 24. December 1870 S. 413 
1—4, 8, 9, 11, obiges RGes. §8 214, und §, 241, Gebührentaxe 
vom 24. September 1876 S. 439 Ziffer 8 und wegen des Gehörs der 
Stadtverordneten MVO. vom 6. November 1877 im SW B. S. 38). 
Bei Anstellung im öffentlichen Dienste wird die Staatsangehörigkeit durch 
die vollzogene oder bestätigte Bestallungsurkunde erworben (RGes. 8§ 9), 
für Lehrer und Geistliche durch die Confirmation (MVO. vom 22. Ja- 
nuar 1885 und MBeschl. vom 27. Januar 1885 im SW. S. 34 
und Zeitschr. f. V. VI S. 158), für jeden im activen Dienst, zur Dis- 
position oder im Beurlaubtenstand des sächsischen Heeres befindlichen, aus 
dem Auslande oder aus einem andern Bundesstaate stammenden Officier 
durch das Officierspatent (MO. vom 8. October 1896 und soweit 
hierdurch nicht erledigt (MVO. vom 14. December 1888 in der 
Zeitschr. f. V. X S. 204, SW. Jahrg. 1889 S. 8). Auch der von 
der Generaldirection der Staatseisenbahnen ausgestellte Pflichtschein 
gilt als Bestallung (MVO. vom 4. Mai 1894 im SW. S. 104). 
Reichsausländern wird die Naturalisation nicht ertheilt, bevor sie nicht 
auf dem durch ihre heimathliche Gesetzgebung vorgeschriebenen Wege aus 
der früheren Staatsangehörigkeit förmlich ausgeschieden sind (MV0. 
vom 16. August 1879 im SWB. von 1880 S. 9, Zeitschr. f. V. II 
S. 47). Insbesondere ist die Beibringung des Entlaßscheins, der 
jedoch nicht vor ertheilter Aufnahmezusicherung gefordert werden soll 
(DK. von 1886 S. 49), vorgeschrieben für Oesterreicher (Meschl. vom 
17. November 1880 im SW . S. 235, ZKB. S. 64, DKB. S. 64 
annd in der Zeitschr. f. V. II S. 31), Russen (MVO. vom 16. Januar 
1886 Nr. II D 52), Türken und Perser (Schreiben des Reichskanzlers 
vom 11. Juli 1884 in der Zeitschr. f. V. VI S. 28), dagegen nicht 
für Franzosen (MVO. vom 10. Mai 1886 Nr. 121 II H). Vor Na- 
turalisation früherer Reichsangehöriger oder von Ausländern, die sich
	        
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