Full text: Handbuch des Königlich Sächsischen Verwaltungsrechts.

Unterstützungswohnsitz. 647 
VI. Die endgültige Uebertragung der Unterstützungskosten fällt, ab- 
gesehen von dem unter V erwähnten Falle und von den besonderen Be- 
stimmungen für Landarme (s. d.) dem Ortsarmenverbande des U. zu, 
jedoch wird der allgemeine Verwaltungsaufwand der Armenanstalten 
nicht, der Aufwand für Beköstigung, Cur und Medicamente, Beerdigung 
und Unterkommen nur nach den in den einzelnen Bundesstaaten hierfür 
geltenden Tarifsätzen vergütet (Ges. § 30). Den sächsischen Tarif giebt 
die VO. vom 15. Juni 1876 S. 268. Der Satz für Verpflegung arbeits- 
unfähiger Armer über 14 Jahren beträgt hiernach 60 4., unter 14 Jahren 
40 4 (Tarif § 5). Weitere Sätze enthält der Tarif für Krankenpflege 
(s. d.) und Armenbegräbniß (s. d.). Auch der Bekleidungsaufwand ist 
nach dem Tarife erstattungsfähig. Der Aufwand für nicht völlig erwerbs- 
und arbeitsfähige Personen, z. B. die Gewährung von bloßem Obdach 
außerhalb des Armenhauses, ist entsprechend niedriger zu berechnen (§ 5.); 
daher ist der Arbeitsverdienst Erwerbsfähiger in Abzug zu bringen (SW. 
Jahrg. 1877 S. 166, Jahrg. 1878 S. 195) und der Tarif nicht auf 
ganze Familien anzuwenden, vielmehr nach obrigkeitlichem Ermessen unter 
Berücksichtigung der voraussichtlich wieder eintretenden Erwerbsfähigkeit 
des Familienhauptes ein Bauschbetrag festzusetzen (MVO. vom 21. Juli 
1877). Die Sätze von 8§ 5 des Tarifs sind Bauschsätze; es wird in 
der Regel nicht mehr aber auch nicht weniger vergütet (MEntsch. vom 
16. December 1885 und 6. October 1891 in der Zeitschr. f. V. VII 
S. 270, XIII S. 49). Benutzung von Anstaltskleidung ist allgemeiner, 
nichterstattungsfähiger Verwaltungsaufwand (MEntsch. vom 11. November 
1891 in der Zeitschr. XIII S. 54). Für die Frage, was als Armen- 
unterstützung somit als erstattungsfähig, anzusehen sei, ist die Landes- 
gesetzgebung maaßgebend, s. daher Armenunterstützung. Ueber die Ver- 
pflichtung zur Erstattung von Prozeßkosten gelten die Bestimmungen des 
früheren sächsischen Civilprocesses (MEntsch. vom 21. Juni 1882 in der 
Zeitschr. f. V. III S. 369). Die Kosten der Anmeldung nach § 34 
des Ges. (s. unten VIII 1) sind erstattungsfähig, die übrigen Kosten 
für Feststellung des U. nicht (MEntsch. vom 21. Juni 1882 in der 
Zeitschr. f. V. III S. 369). Verzugszinsen (s. d.), ingleichen Schäden, 
die der Unterstützte durch Zerstörung oder Beschädigung von Sachen ver- 
ursacht, sind nicht zu erstatten (Zeitschr. f. R. 42 S. 83). Auch die 
Kosten polizeilicher Schubtransporte und das Zehrgeld an Inhaber von 
Zwangspässen sind Polizeiaufwand, während der Aufwand für Beklei- 
dung und Reinigung bei Zwangspaß erstattungsfähig ist (SWB. von 
1878 S. 193). Zum Theil abweichende Bestimmungen gelten bei Ent- 
lassung aus Strafanstalten (s. d. III). Was der vorläufig verpflichtete 
Armenverband aus den Mitteln des Unterstützten (aus dessen Nachlaß 2c.) 
erhält, darf er zunächst zur Deckung des nicht erstattungsfähigen Auf- 
wands verwenden (Ges. § 62, ME. vom 15. April und 16. December 
1885 in der Zeitschr. f. V. VII S. 181, S. 272, Bd. I S. 136, 
WB. 1879 S. 42). Der Armerverband, der sich der vorläufigen 
Fürsorgepflicht (oben IV) widerrechtlich entzieht, hat nicht blos den tarif-
	        
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