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Benutzungsart keine Minderung erfährt (MEntsch. vom 11. Mai 1901,
Fischer XXIII 85). Zu 8 24: Die Anrechnung von Vorteilen, die infolge
der Anlage für alle Anlieger gleichmäßig eintreten, z. B. von Absatz-
erleichterungen, die einer Gegend durch eine Eisenbahnanlage erwachsen,
ist ausgeschlossen (OLG 14. April 1902, Fischer XXV 72, 137).
* Die Einbeziehung in einen Bebauungsplan bedingt noch nicht die Ent-
schädigung als Bauland, wenn das Grundstück nach Lage und Beschaffenheit
keine Auesicht auf Verwertuug zu Bauzwecken hat (Reichsger. 14. Mai 1901,
PVB. XXII 562). Die Entschädigung des Bauplatzwertes kann verlangt
werden, wenn das Grundstück die Eigenschaft als Bauplatz zufolge einer
Anderung des Bebauungsplans verloren hat, die durch das zur E. führende
Unternehmen veranlaßt worden ist (OL. Stuttgart 31. Jan. 1901, Fischer
XXVI 111). Eine zwischen der Festsetzung der Fluchtlinie und der E. zu
Straßenzwecken eingetretene Erhöhung des Baulandwerts ist in Preußen
nicht zu berücksichtigen (Reichsger. 5. Dez. 1902, Fischer XXVI 114). Zu ersetzen
ist nicht der gemeine, obsjektive, sondern der individuelle Wert des enteigneten
Grundstücks für die Person des Enteigneten. Hierzu gehören auch tatsächliche
Borteile, wenn gegründete Aussicht auf eine gewisse Dauer derselben besteht
(Reichsger. 25. Mai 1900, Fischer XXIII 190). Die Vermögenseinbuße, die durch
die Unterbrechung der Grundstücksverbindung entsteht, besteht in der Differenz
des Verkaufswerts vor und nach der E., gleichviel, ob das Grundstück zur
Zeit der E. verkäuflich war oder nicht (Reichsger. 27. AMrz 1900, Fischer XXIII
189). Trotz verminderter Benutzbarkeit des Grundstücks ist keine Minder-
wertsentschädigung zu leisten, wenn die obsektive Wertsbeschaffenheit un-
vermindert ist, z. B. dadurch, daß das Restgrundstückh als Vexiergrundstück
jederzeit günstig verwertet werden kann (Reichsger. 23. Nov. 1900, Fischer XXIV
117). Zu § 23: Die durch eine bereits hergestellte Anlage herbeigeführte Wert-
steigerung ist zu berüchsichtigen, wenn das zu enteignende Grundstück nach-
träglich für die Zwecke dieser Anlage verwendet werden soll (Reichsger. 12. Nov.
1901, Fischer XXVI 113).
III. Wirkung der E. (Ges. §§5 71—88). Mit der Eräöffnung der
Enteignungserklärung tritt die ihr entsprechende Rechtsänderung (Rechts-
entziehung oder Rechtsbeschränkung) ein (§ 71). Gleichzeitig erlöschen
alle nicht ausdrücklich vorbehaltenen oder übernommenen Bechte Dritter
am Gegenstand der E. (§ 721). Wird durch die E. Eigentum be-
schränkt, so geht das bestellte Recht den übrigen Lasten des Grund-
stüchks mit Ausnahme der Land-, Landeskultur= und Ablösungsrenten
vor (§ 722). Bei vollständiger E. bleiben diese Renten bestehen, bei
nur teilweiser wird das enteignete Grundstück von der Belastung frei,
jedoch ist die Entschädigung auf Verlangen zur Tilgung des ent-
sprechenden Rentenbetrags zu verwenden und deshalb die Erklärung
des Rentenberechtigten (der Bezirkssteuereinnahme) zu fordern (§ 73 3).
Grundsteuern und andere öffentliche Abgaben bleiben unverändert und
sind bei nur teilweiser Enteignung zu verteilen (§ 73 1, 2, s. Oblasten-
verteilung). Die Autzungen und Lasten des Grundstückhs verbleiben
bis zur Uberweisung dem Enteigneten (§ 75). Die in §§ 71—/75 be-
stimmten Wirkungen treten auch bei Parteivereinbarungen über den
Gegenstand der E. ein. Die AMebenberechtigten können solchen Ver-
trägen nur insoweit widersprechen, als ihnen ein Widerspruch gegen die