Full text: Handwörterbuch des Sächsischen Verwaltungsrechts. Erster Band (A-K). (1)

336 Gerichtsherr — Gerichtskassen 
die Gerichtsbehörde des Aufenthaltsorts anzugehen (VO. vom 22. Sept. 
1874 S. 330 § 6, AVO. vom 15. Sept. 1879 S. 351 8 43, MVOD. 
von 1886, Fischer VII 323). Die Amtsh. sind, soweit sie nicht eigne 
Gefängnisse haben, zum Zwecke der Strafvollstrechung und Sicherheits- 
haft zur Benutzung der G. berechtigt. Statt der Regquisition soll die 
unmittelbare Vollstrechung gewählt werden, wenn sich die zu bestrafende 
Person im Bezirke des Amtsgerichts am Sitze der Amteh. befindet. 
Diesfalls ist die Aufnahmeverfügung an den ersten Beamten des G. 
unmittelbar zu erlassen, der hiervon dem Gerichtsvorstande Meldung 
zu machen hat (obige MWV0O. vom 9. Okt. 1874, 15. und 26. Jan. 
1889 und 8. Aug. 1894, Fischer X 188, XVI 36, Gesch.O. S§§ 420, 421). 
Das gleiche gilt bei Verbüßung derjenigen Haftstrafen, in welche die 
von den Gemeindevorständen erkannten Geldstrafen durch die Amtsh. 
verwandelt worden sind (MGBO. vom 15. NAärz 1881, Fischer II 259). 
Auf kommunale Verwaltungsbehörden leidet die Befugnis zur Be- 
nutzung der G. zwar ebenfalls, jedoch nur gegen Bezahlung der 
taxmäßigen Kosten Anwendung (a. O.). Die Regquisition von Ver- 
waltungs= zu Verwaltungsbehörde behufs Vollstrechung von Haftstrafen 
ist nicht ausgeschlossen (MVO. vom 15. Jan. 1889, Fischer X 188). — 
Der Bekleidungsaufwand (s. d.) der Gefangenen ist in der Regel 
als Polizeiaufwand zu betrachten. Die Verpflichtung, für Reinigung 
der Gefangenen Sorge zu tragen, trifft die Polizeibehörde auch dann, 
wenn sie von Erlaß einer Strafverfügung abgesehen und den Ge- 
fangenen „ohne weiteres“ (s. Berwaltungsstrafsachen II) an das Ge- 
richt abgegeben hat; die Gemeindevorstände trifft diese Verpflichtung 
nicht (SWB. Jahrg. 1875 S. 163, Jahrg. 1876 S. 46). Die Auf- 
hebung (s. d.) der Leiche eines Gefangenen, das Begräbnis und die 
Ablieferung an die Anatomie liegt der Dienstbehörde des ersten Ge- 
fängnisbeamten, in den Gefangenanstalten dem Direktor, die Bek. 
der Polizeibehörde ob. Die aus dem Nachlasse nicht zu erlangenden 
Begräbniskosten trägt die Behörde, die vor dem Ableben des Ge- 
fangenen nach den oben dargelegten Grundsätzen für dessen Unterhalt 
aufzukommen hatte (VO. vom 18. NVov. 1878 S. 513 und MWO. vom 
6. Dez. 1878, SWB. 1879 S. 2, Gesch. O. 88 640— 643). Wie es bei 
Überweisung an die Landespolizeibehörde mit der Fortdauer der Haft 
und der Einlieferung zu halten sei, s. Korrektionsanstalten I. Die 
Ausweisung (s. d. C Ul der aus dem G. zu Entlassenden hat in der 
Regel von der Verwaltungsbehörde, welche die Strafverfügung erließ, 
auszugehen. Bei Einlieferung außerhalb der Expeditionszeit sind die 
Gefangenen auch ohne Aufnahmeverfügung aufzunehmen, die letztere 
ist jedoch nachträglich beizubringen (M WVO. vom 7. Okt. 1874). Uber 
das Entlassungsverfahren bei Polizeiaufsicht und Uberweisung s. Polizei- 
aufsicht, Strafanstalten. 
Gerichtsherr, s. Militärgerichtsbarkeit. 
Gerichtskassen s. Kassenwesen.
	        
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