Full text: Handwörterbuch des Sächsischen Verwaltungsrechts. Erster Band (A-K). (1)

406 Haft 
Handlungen, die nur mit Haft- oder Geldstrafe bedroht sind, darf die 
Verhaftung nur gegen die unter 2 und 3 Genannten oder unter 
Polizeiaufsicht Stehenden oder wegen Abertretungen, bei denen Uber- 
weisung an die Landespolizeibehörde zulässig ist, verfügt werden. Der 
Festgenommene ist unverzüglich dem Amtsrichter des Bezirks der Fest- 
nahme zuzuführen. Die Verhaftung erfolgt auf Grund richterlichen 
Haftbefehls. Auch ohne solchen ist sie zulässig 1. durch Polizeibeamte 
bei Gefahr im Verzuge, wenn die Voraussetzungen des Haftbefehls 
vorliegen, 2. durch jedermann, wenn der Täter auf frischer Tat be- 
troffen wird und wenn er der Flucht verdächtig oder seine Persönlich- 
keit nicht sofort feststellbar ist (StPO. §§ 112—132). Dem Angeschul- 
digten, der sich nicht ausweisen kann (§ 112 Abs. 2 2) steht der gleich, der 
sich nicht ausweisen will (OLG. 13. Juni 1901, Annalen XXII 392). 
In Verwaltungsstrafsachen (s. d. Ul) hat die Verwaltungsbehörde bei Ab- 
gabe der Sache der Staatsanwaltschaft den vorläufig Festgenommenen 
zur Entschließung über Fortdauer der Haft zuzuführen (AVO. vom 
15. Sept. 1879 S. 351 §8 2, 52). Gelangt die Verwaltungsstrafsache 
in anderer Weise als durch die zuständige Verwaltungsbehörde an die 
Staatsanwaltschaft, so hat die Abgabe an die Verwaltungsbehörde zu 
unterbleiben, wenn an den Angeschuldigten ein Haftbefehl erlassen 
worden ist (6§ 11 1). Reichs= und Landtagsabgeordnete dürfen während 
der Sitzungsperiode ohne Genehmigung des Reichs= und Landtags 
nur, wenn auf frischer Tat ergriffen, verhaftet werden; diesfalls ist 
dem Reichsamt des Innern unverzüglich und dem Justizministerium 
ausführlich Bericht zu erstatten (B. 8 84, RVerf. Art. 31, MVO. vom 
18. Alärz 1882). — Die Untersuchungshaft kann auf die Strafe an- 
gerechnet werden (St SB. 8 60, Gesch.O. 8§ 728). Die nach eingetretener 
Rechtskraft erlittene Untersuchungshaft ist jedenfalls anzurechnen (St PO. 
§ 482). Die Gerichte sollen die Untersuchungshaft bei Erkrankung 
des Gefangenen aufheben und dies der Gemeindebehörde mitteilen 
(s. Krankenpflege II 1). 
II. Als Strafe ist H. zulässig bei Ubertretungen (s. d.). Der 
Höchstbetrag ist 6 Wochen, bei Konkurrenz 3 Mlonate, der Mindest- 
betrag 1 Tag (StB. 88 13, 18, 772, 78 2). Jedoch dürfen in Ver- 
waltungsstrafsachen (s. d. ) Gemeindevorstände und Gutsvorsteher H. 
überhaupt nicht, Bürgermeister kl. StO. mit Ausnahme von Steuer- 
strafsachen (s. d.) nur bis zu acht Tagen, die übrigen Verwaltungs- 
behörden nur bis zu 14 Tagen erkennen und durch Polizeiverordnung 
(s. Polizeigewalt II) androhen, während für Polizeiverfügungen (s. Polizei- 
gewalt III) und für Disziplinarstrafen (s. d.) ein allgemeines Höchstmaß 
nicht aufgestellt ist. Für die Strafverwandlung (s. d.) von Geld= in 
Haftstrafe ist ein besonderes Wertsverhältnis festgestellt. Die Haftstrafe 
besteht in einfacher Freiheitsentziehung und wird in den dafür be- 
stimmten Räumen der Untersuchungsbehörden, aushilfsweise in den 
Gerichtsgefängnissen (s. d.) verbüßt (StcB. 8§ 18 2, VO. vom 19. Dez.
	        
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