Full text: Handwörterbuch des Sächsischen Verwaltungsrechts. Erster Band (A-K). (1)

Kinderbewahranstalten 475 
nach § 55 des Schulges. auch ohne richterliches Urteil erfolgen Rkann, 
Anklage bei mangelnder Einsicht daher überhaupt nicht erhoben werden, 
vielmehr nur die Schulzucht eintreten, die sich nicht auf die Voraus- 
setzungen von § 475 der A#BO. vom 25. Aug. 1874 beschränkt (MV0. 
vom 4. Jan. 1887, Fischer VIII 188, SWB. 57). Jugendliche Personen 
weiblichen Geschlechts sind im Falle von § 361 6 des St GB. nur in 
Asylen unterzubringen (s. Sittenpolizei l). Die einschlagenden Be- 
stimmungen für die Gerichte und Staatsanwälte gibt Gesch. O. 88 763, 
829, 830. « 
Ill.Nichtvollfinnige,blinde(s.d.),fchwachsinnige(s.d.)oder 
taubstumme (s. d.) K. sind in den dazu bestimmten Anstalten unter- 
zubringen, sofern nicht durch die dazu Verpflichteten anderweit für ihre 
Erziehung hinreichend gesorgt ist. Zeigt sich bei der Schulaufnahme 
das Vorhandensein derartiger K., so hat der Schulvorstand dem Be- 
zirksarzte (s. d. IV) unter Auskunftserteilung darüber, in welcher Weise 
bisher für die Erziehung gesorgt worden ist, alsbald Kenntnis zu 
geben (Schulges. § 4 5, A#VO. vom 25. Aug. 1874 S. 155 § 9, MV0. 
vom 20. Juli 1875, Zeitschr. f. R. XLII 497, Instr. vom 20. Juli 
1884 S. 210 § 33, MV0O. vom 7. Aug. 1900, SWB. 202). Der 
Lehrer soll solche K. in seine ôAähe setzen und die Eltern auf ihr Leiden. 
aufmerksam machen (M. vom 8. Febr. 1883, Fischer IV 223). Für 
gebrechliche, kränkliche oder geistig unreife K. kann die Schul- 
aufnahme (s. d.) ausgesetzt, auch die zeitweilige Unterbrechung des 
Schulbesuchs gestattet werden (Schulges. § 44, AU0O. 8 8). 
IV. Die Erziehung und Unterbringung armer K. ist in allen 
Fällen, auch wenn sie aus polizeilichen Gründen (O#. 18. Okt. 1902 
I1 8 163) oder wegen Schwachsinnigkeit (Fischer XVIII 205) erfolgt, als 
Armenunterstützung anzusehen (s. Armenwesen II und III, Arm.O. § 33 9). 
Arme Waisen sind entweder in öffentlichen Waisenhäusern (s. d.) oder 
auf Kosten des Armenverbandes in ehrbaren Familien unterzubringen 
(Arm.O. vom 22. Okt. 1840 S. 257 § 49, M. vom 5. Vov. 1877, 
SWB. 1878 S. 170). 
V. Sonstiges. Zur Anzeige von Antragsvergehen gegen K. 
sind auch die Polizeibeamten (s. d.) verpflichtet. Die Staatsanwälte, 
Gerichte und Polizeibehörden haben diesfalls das Vormundschafts- 
gericht zu benachrichtigen (Gesch. O. §§ 505:, 831). Die nach BEB. 
§ 1631 Erziehungspflichtigen haften für Ersatz des Schadens, den die 
K. widerrechtlich einem Dritten zufügen (BEB. 8 832, s. auch Auf- 
sichtsführung). § 1870 des sächs. BGB. (Erziehung durch den außer- 
ehelichen Bater) besteht hinsichtlich der vor dem 1. Januar 1900 gc- 
borenen K. noch fort (OV. 22. Okt. 1902 1 8 266). Die übrigen 
Bestimmungen betreffen die konfessionelle Erziehung (s. Konfessionelle 
Verhältnisse IV), das Ziehkinderwesen (s. d.), die Ehelichkeit (s. d.), 
Vaterschaftsanerkennung (s. d.) und Namen ((. d.). 
Kinderbewahranstalten, Kindergärten s. Kinder 12.
	        
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