Armenwesen 43
Der Behörde des Ortes, wohin sie gewiesen werden, sind die gesetzlichen
Schritte, um sich ihrer zu entledigen, zu überlassen, s. MVO. vom
22. Okt. 1875 in der Zeitschr. f. R. 42 S. 475, soweit nicht durch das
Ges. vom 15. April 1886 S. 85 (s. Ausweisung A) erledigt. Bei der
Entlassung aus dem Gerichtsgefängnisse ist zur Ausweisung (s. d. C U)
die Verwaltungsbehörde zuständig, die zum Erlaß der Strafverfügung
zuständig gewesen wäre. — Verhaftung (s. Haft) ist gegen Heimatlose,
Landstreicher, Legitimationslose, unter Polizeiaufsicht Stehende, ingleichen
wo Uberweisung an die Landespolizeibehörde erkannt werden kann,
ohne weitere Begründung des Fluchtverdachtes zulässig. — Die der
Landespolizeibehörde Uberwiesenen sind vor Einlieferung in die Kor-
rektionsanstalt (s. d. ) nach erfolgter Bestrafung der Ortspolizeibehörde
zuzuführen; auch wo Uberweisung an die Landespolizeibehörde nicht
stattgefunden hat, kann die Polizeibehörde bei der Ablieferung auf-
gegriffener Bettler und Bagabonden an das Gericht behufs Feststellung
der Vorbestrafungen usw. die BRüchgestellung beantragen (MIVO. vom
28. Aug. 1884 zu Ar. 1234 II A. Uber die von ihnen bestraften
Bettler und Landstreicher haben die Amtsh., Stadträte und Bürger-
meister kl. St O. vierteljährlich Zählkarten an die Kreish. einzureichen
(MV. vom 4. März 1879 und 22. Dez. 1881, SWB. Jahrg. 1879
S. 53, Jahrg. 1880 S. 103, Jahrg. 1881 S. 254).
VII. Behörden und Organe. Die Leitung und Besorgung
des A. gebührt in den Städten RStO. den Stadträten und unter
ihnen den Armendeputationen, in den übrigen Gemeinden den Bürger-
meistern kl. StO. und Gemeindevorständen unter Mitwirkung der
Angehörigen des Ortsarmenverbands (Arm.O. 8§8 71—79, Ges. vom
5. Mai 1868 S. 275 8 14, kl. St O. Art. IV § 12e, RLGO. 8S 74e).
In zusammengesetzten Bezirken ist aus den Bewohnern, insbes. den in
8 76 der Arm.O. genannten (Gemeindevorstand, MRittergutsbesitzer,
Geistliche, Lehrer, Arzte, Vorstände von Privatwohltätigkeitsanstalten,
Stiftungen usw.), der Armenverein zu bilden. Auch zu den Armen-
deputationen der Städte und zum Gemeinderate, der in einfachen
Heimatsbezirken das Armenwesen zu besorgen hat, sind die vorgenannten
Personen zuzuziehen (Arm.O. 8§§ 73, 76, 77, MB0O. vom 7. Juli 1883,
29. Juli 1884 und 12. April 1894, Fischer VI 39, 40, XVI 44). Die
Armendeputation als gemischter Ausschuß (s. d.) im Sinne der RSt.
hat daher das Recht zur Vertretung der Stadtgemeinde nur in An-
gelegenheiten, die innerhalb seiner Zuständigkeit liegen (OVG. 8. Mai
1901, Jahrb. I 45). Der Armenverein vertritt nicht den Armenverband,
sondern seine Angehörigen und steht der mit der Leitung des Armen-
wesens betrauten Obrigkeit beratend und unterstützend zur Seite. Unter
Obrigkeit ist „stets der Gemeinderat bez. Gemeindevorstand“ zu verstehen
(MW. vom 28. März 1903, SWB. 120). Der Armenverein kann Armen-
pflegdistrikte bilden, besondere Armenpfleger ernennen (Arm.O. 8 79) und
hat den Armenkasseneinnehmer zu bestellen (s. o. IV 3). Die Mitglieder