Full text: Handwörterbuch des Sächsischen Verwaltungsrechts. Erster Band (A-K). (1)

44 Armutszeugnisse 
des Armenvereins und die Armenpfleger haben sich ihren Geschäften un— 
entgeltlich zu unterziehen, dagegen kann für die Kassenverwaltung und 
besondere Bemühungen, z. B. Beaufsichtigung von Bauten, Vergütung 
gewährt werden (Ges. vom 5. Mai 1868 § 13). In den Staatsforsten 
besorgt der Gutsvorsteher die Geschäfte (s. Ortsarmenverbände). — Neben 
den vorgenannten Organen bestehen noch die Bezirkskommissionen und 
Bezirksversammlungen. Die Bezirkskommissionen sind die Ver- 
treter der freiwilligen Verbände (Bezirksarmenvereine) zur Beschaffung 
lohnender Arbeit, insbes. für Arbeitsscheue (s. Armenhäuser); ihre laufen- 
den Geschäfte besorgt ein Ausschuß unter der Direktion eines Vorstands 
(Arm.O. §§8 30, 86—93, A#O. vom 22. Okt. 1840 Ziff. II 7). Die 
Bezirksarmenvereine selbst sind Gemeindeverbände (s. d.) im Sinne der 
RLö (MVO. vom 22. Alärz 1890, Fischer XI 184). — Die Be- 
zirksversammlungen (s. d.) haben das Recht, in Vertretung der 
Bezirksverbände zum Zweche der Armenversorgung und öffentlichen 
Krankenpflege sowie zur Abwehr eines allgemeinen Notstandes Ein- 
richtungen und Ausgaben zu beschließen und zu diesem Zweckhe das 
Vermögen des Bezirks zu verwenden, den Bezirk mit Abgaben zu 
belasten und Aufsicht über die Bezirksanstalten zu führen (Ges. vom 
21. April 1873 S. 284 88 20 1, 4, 21). Der Bezirksausschuß hat 
beschließende Stimme bei Streitigkeiten über persönliche Leistungen 
und Beiträge zu Zwecken der Armenversorgung (Ges. vom 21. April 
1873 S. 375 §8 118, 271b) und die Verwaltung der Anstalten der 
Bezirksverbände (Ges. vom 21. April 1873 S. 284 8 24). — Als Ge- 
schäfte der Amtsh. sind in der Arm.O. genannt: die Revision der 
Armenhäuser und Armenkassen, die Bildung der Bezirkskommissionen, 
die Beaufsichtigung des Bettler= und Vagabundenwesens sowie die 
Uberwachung der Grenzen (Arm.O. 88 48, 85, 86, 109, ABO. vom 
22. Okt. 1840 Ziff. II 7); dazugekommen ist inzwischen die Stellung 
der Amtsh. als Obrigkeit und Gemeindeaufsichtsbehörde für die Städte 
kl. StO. und die Landgemeinden. — Der Landarmenverband 
endlich wird durch die Kreish. vertreten. 
Armutszeugnisse, Armenrecht. Dem Gesuche um Bewilligung 
des A. im gerichtlichen Verfahren (CPO. 88 114—127, St PO. 
§ 419 3, Roes. vom 20. Mai 1898 S. 771 § 14, Ges. vom 15. Juni 
1900 S. 269 § 4, Gesch O. §§ 405, 949) ist ein von der Ortsbehörde 
ausgestelltes Zeugnis beizufügen, in dem unter Angabe des Standes 
und Gewerbes, der Vermögens= und Familienverhältnisse sowie des 
Betrages ihrer direkten Staatssteuern das Unvermögen der Partei zur 
Bezahlung der Prozeßkosten bezeugt wird. Die Zeugnisse der Bürger- 
meister kl. St O., Gemeindevorstände und Gutsvorsteher bedürfen der 
Beglaubigung der Amtsh. (VO. vom 14. Nov. 1899 S. 568, MV0O. 
vom 31. Juli und 13. Aug. 1879, SWB. 154). — Die Ausstellung 
von A. zum Zwechke des Bettelns wird mit Geld bis zu 30 M. 
event. Haft bestraft (Arm. O. vom 22. Okt. 1840 S. 257 § 105). —
	        
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