88 Bauwesen
VI. Fluchtlinien- und Ortserweiterungspläne. An Stelle
des Bebauungsplanes kann ein F. (Ges. 8 27) oder O. (Ges. 8 38)
treten. Beide werden von der Baupolizeibehörde nach Gehör der
Gemeindevertretung aufgestellt, der F. dann, wenn es sich nur um
einzelne Grundstücke an bereits bebauten Straßen oder um Neubau—
gebiete von geringem Umfang oder Orte ohne erhebliche bauliche Ent-
wicklung handelt, der O. dann, wenn es für die zu erwartende
Ortsentwichlung zwechmäßig erscheint, die Hauptverkehrsstraßen und
Hauptzüge der Entwässerungs= und Wasserversorgungsanlagen für ein
größeres Baugebiet festzulegen. Die Wirkungen des F. sind dieselben,
wie beim Bebauungsplan (Ges. §§ 28—37). Sollen mit der Straßen-
und Baufluchtlinie zugleich Bebauungsvorschriften festgesetzt werden,
so kann das nicht durch die Baupolizeibehörde, sondern nur durch
Ortsgesetz gemäß § 8 geschehen (OV. 22. Nov. 1902 18 212). Wegen
der Zuständigkeit des O. s. o. 12.
VII. Anliegerleistungen, Bau und Ubernahme der Straßen
und Plätze. Das Land zu den durch Bebauungs= oder Fluchtlinien=
plan festgestellten Straßen ist von den Anbauenden bei doppelseitiger
Bebauung bis zu 24 m, bei einseitiger bis zu 15 m Breite auf eigene
Kosten zu beschaffen, unentgeltlich an die Gemeinde abzutreten und,
wenn dies die Gemeinde nicht selbst übernimmt, als Straße her-
zustellen und zu beschleusen (Ges. §§ 39, 41 1, 42, 462 und die ent-
sprechenden Vorschriften für öffentliche Plätze in § 40). Die Art der
Herstellung und die Anlegung der Fußwege ist der ortsgesetzlichen
Regelung überlassen; neue Straßen sind in der Regel zu beschleusen
(§§ 43—45, s. auch Entwässerung l). Werden bereits vorhandene
Gebäude von neu festgestellten Straßenfluchtlinien betroffen, so ist der
Eigentümer zur Landabtretung nur bei Erneuerungs= oder Verände-
rungsbauten und nur gegen Entschädigung verpflichtet; die Herstellung
der Straße liegt in diesem Falle der Gemeinde ob (§8 31, 41 2). Aus-
nahmsweise kann die Baugenehmigung schon vor Erfüllung der An-
liegerleistungen erteilt werden (§ 47). Sobald die Straße ordnungs-
gemäß hergestellt, beschleust und bis zu 1° bebaut ist, wird sie von
der Gemeinde auf Antrag übernommen (§8 48—51). Wer eine vor-
schriftsmäßige Straße angelegt hat, ist berechtigt, anteilige Erstattung
seines Aufwands von den später Anbauenden zu verlangen (§ 77).
Die Gemeinde hat das Becht, Straßen, Brücken, Schleusen, öffentliche
Brunnen und Wasserleitungen als Selbstunternehmerin und vorbehält-
lich des Rüchgriffs gegen später Anbauende auf eigene Kosten auszu-
führen oder auf Rechnung des Bauherrn herstellen zu lassen. Durch
Ortsgesetz kann bestimmt werden, daß die Gemeinde die Leistungen
des Bauherrn auf ihre Kosten übernimmt oder den Aufwand als Bau-
abgaben unter die beteiligten Grundstüchseigentümer verteilt (88 46,
52, 78). Die Leistungen und Zahlungen zur Herstellung bauplan-
mäßiger Straßen und Entwässerungsanlagen (s. d.) vermittelt die