274 Steuerfreiheit
und Vermögensmassen, die ausschließlich kirchlichen, wohltätigen, Be—
soldungs= oder Pensionszwecken dienen, endlich Konkursmassen (Ges.
vom 24. Juli 1900 S. 562 § 6 1—#1, Instr. vom 26. Juli 1900 S. 781
§ 28, VO. vom 4. Febr. 1903 S. 353 Art. II 7). Teilweise befreit
sind Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit (Ges. § 6 12) und
die Anteilseigner von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Ges. § 19 .
Zeitweilige Befreiung kann das Finanzministerium bewilligen (Ges. 87,
s. Steuerermäßigung 1). Entscheidungen:
) Zu § 6 10: Bei dieser Befreiungsvorschrift kommt es nicht
auf die Art des Erwerbs, sondern lediglich auf die Verwendung
des Einkommens an (O. 14. Juli 1902 II § 91, 92). Vermögens-
massen, die lediglich Bestandteile des Vermögens einer nicht unter
8 6½10 fallenden juristischen Person sind, fallen unter § 6 10 auch
dann nicht, wenn sie ihrem Zwecke nach dieser Vorschrift entsprechen.
Insbes. gilt das von Vermögensmassen, die, wie Sparkassen, Wasser-
werke, Gasanstalten, Schlachthöfe usw., nur Bestandteile des Ge-
meindevermögens sind (s. Gemeindevermögen IV 1). Dagegen fallen
unter § 610 auch die Personen des öffentlichen Rechts (OV. 13. Mlärz
1902 II S 169, 172, Jahrb. II 172), insbes. die Bezirksverbände
(s. d. II), die Kirchen= und Schulgemeinden (s. Kirchenkassen IV, Schul-
kasse IV). Gemeinnützig im Sinne von 8 610 ist diejenige Tätig-
keit, die opferwillig dem Wohle der Allgemeinheit in ideeller und
materieller Beziehung gewidmet ist. Eine Stiftung bringt Opfer, wenn
sie den Genußberechtigten ihre vollen Erträgnisse zugute Kommen läßt,
ohne irgend welche Gegenleistung zu verlangen. Auzgeschlossen ist
hiernach der Begriff der Gemeinnützigkeit, wenn die Anstalt nicht über
den Kreis ihrer Mitglieder hinaus wirken will. Daß jede einzelne
Person aus den vom Stifter berufenen Kreisen die Stiftungsvorteile
genießt, ist nicht erforderlich. Auch die Bestimmung, daß in erster
Linie Familienangehörige des Stifters zu berücksichtigen sind, nimmt
der Stiftung den Charakter der Gemeinnützigkeit noch nicht (O.
18. April 1901 II S 44, 20. März 1902 II S 12, 16, 17, 19, 203,
272, 281, 284, 296, 311, 14. Juli 1902 II 8 81, 90, 91 und 12. Jan.
1903 II S8 207, Jahrb. II 252, 255, 258, 260). Zu den gemein-
nützigen Zwecken gehören auch die Werke der Jugenderziehung, selbst
wenn sie nur an den Kindern eines engbegrenzten Personenkreises
ausgeübt werden (OV. 14. Juli 1902 II S§ 81). Wohltätig im
Sinne von § 610 wirkt derjenige, der wirtschaftlich Bedrängten materielle
Hilfe bringt, ohne durch Gesetz oder Bertrag dazu verpflichtet zu sein,
vorausgesetzt, daß sich die Unterstützung nicht lediglich als Betätigung
des Familiensinnes darstellt. Wohltätigkeit liegt daher nicht vor bei
einem Vereine, dessen Mlitgliedschaft ein klagbares Recht auf die
Bereinsbenefizien begründet (OV#. 20. Alärz 1902 II S 12, 16, 19,
168, 200, 203, 248, 272, 283, 297, 305, 306, 311, 8. Jan. 1903 II S
262, 12. Jan. 1903 II 8 207 und 23. April 1903 II 8 221, Jahrb. II