Full text: Handwörterbuch des Sächsischen Verwaltungsrechts. Zweiter Band (L-Z). (2)

Unterstützungswohnsitz 349 
Arbeitsverdienst Erwerbsfähiger in Abzug zu bringen (SW. Jahrg. 
1877 S. 166, Jahrg. 1878 S. 195) und der Tarif nicht auf ganze 
Familien anzuwenden, vielmehr nach obrigkeitlichem Ermessen unter 
Berücksichtigung der voraussichtlich wieder eintretenden Erwerbsfähig- 
keit des Familienhauptes ein Bauschbetrag festzusetzen (MVO. vom 
21. Juli 1877). Der Tarif gilt auch für Reichsausländer (MEntsch. 
vom 3. Mai 1899, Fischer XX 357). Die Sätze von § 5 des Tarifs 
sind Bauschsätze; es wird in der Regel nicht mehr, aber auch nicht 
weniger vergütet (MEntsch. vom 16. Dez. 1885 und 6. Okt. 1891, 
Fischer VII 270, XIII 49). Benutzung von Anstaltskleidung ist allge- 
meiner, nichterstattungsfähiger Berwaltungsaufwand (Mntsch. vom 
11. Nov. 1891, Fischer XIII 54). Für die Frage, was als Armenunter- 
stützung, somit als erstattungsfähig anzusehen sei, ist die Landesgesetz- 
gebung maßgebend (s. Armenwesen 1, l). Die Kosten der Anmeldung 
nach § 34 des Ges. (s. u. VIII) sind erstattungsfähig, die übrigen 
Kosten für Feststellung des U. nicht (MSEntsch. vom 21. Juni 1882, 
Fischer III 369). Verzugszinsen (s. d.) und Schäden, die der Unterstützte 
durch Zerstörung oder Beschädigung von Sachen verursacht, sind nicht 
zu erstatten (Zeitschr. f. R. XILII 83). Was der vorläufig verpflichtete 
Armenverband aus den Mitteln des Unterstützten (seinem Nachlaß usw.) 
erhält, darf er zunächst zur Dechung des nichterstattungsfähigen Auf- 
wands verwenden (Ges. § 62, MEntsch. vom 15. April und 16. Dez. 
1885, Fischer VII 181, 272, 1 136, SWB. 1879 S. 42). Der Armen- 
verband, der sich der vorläufigen Fürsorgepflicht (loben IV) widerrecht- 
lich entzieht, hat nicht bloß den tarifmäßigen, sondern den wirklichen 
Aufwand zu ersetzen (MEntsch. vom 17. Nov. 1891, Fischer XIII 252). 
VII. Zur Ubernahme Unterstützungsbedürftiger, deren Unter- 
stützung nicht nur aus vorübergehenden Gründen notwendig wird 
(s. Ausweisung A 1 5), ist der Ortsarmenverband verpflichtet, dem nach 
Pnt. VI die endgültige Ubertragung der Kosten zufällt. Ist hiernach 
der Landarmenverband (s. d.) übernahmepflichtig, so steht ihm die Be- 
rechtigung zu, sich des Ortsarmenverbandes des Aufenthaltsorts als 
seines Organes zu bedienen (Ges. §§ 31—33, 40, 55, 58, 60). Das 
Aähere hierüber, insbes. auch über das Verhältnis zu Bayern und 
dem Reichsauslande, s. unter Ausweisung. 
VIII. Parteistreitigkeiten, Anmeldung des Anspruchs. 
1. Das Verfahren in Streitsachen der Armenverbände ist, ab- 
gesehen von dem besonderen Verfahren für das Bundesamt für 
Heimatwesen, das für Verwaltungsstreitsachen (s. d.) vorgeschriebene. 
In erster Instanz entscheidet als Verwaltungsgericht die Kreish., in 
zweiter das OW. oder, wenn die streitenden Armenverbände ver- 
schiedenen Bundesstaaten angehören, das Bundesamt für Heimatwesen 
(Ges. §8§ 34—52, Ges. vom 19. Juli 1900 S. 486 88 20, 21 5, 22 1, 
62 2, 982 Ziff. 3, 4). Der Schluß aus § 20, daß für diese Streitig- 
keiten nur die Kreish. Dresden und Leipzig zuständig seien, ist nicht
	        
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