Aachbarrecht — Nachdruck 67
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Vachbarrecht. I. Offentliches Recht. Das Recht und die
Pflicht der Polizeibehörden, zum Schutze des Lebens und der Gesund-
heit einzuschreiten, Belästigungen und Störungen durch den Gewerbe-
betrieb anderer, durch ruhestörenden Lärm, Rauch, Ruß, Geruch usw.
vorzubeugen und ihnen abzuhelfen, ist ausgeschlossen, wenn die Be-
einträchtigung die Grenzen des Nachbargrundstücks nicht überschreitet,
nicht zugleich eine Störung der öffentlichen Ordnung enthält und nicht
das Alaß dessen überschreitet, was der einzelne als unvermeidliche
Folge des gesellschaftlichen Lebens ertragen muß (s. Polizeigewalt 1,
insbes. OVG. 1. März 1902 1 8 2, Jahrb. II 238).“ Auch für die
Baupolizeibehörde besteht eine Verpflichtung, auf Privatrechte des
Nachbarn Rüchsicht zu nehmen, nicht (s. Bauwesen XII 1b und d,
insbes. OV. 28. Mai 1902 1 8 71). Gegen die Erteilung von Bau-
genehmigungen kann daher der Nachbar die Anfechtungsklage nur
dann erheben, wenn die Genehmigung gegen gesetzliche Vorschriften
verstößt, die bestimmt sind, subjektive Rechte des Nachbarn zu schützen.
Bei den Bestimmungen gegen Rauch-, Ruß-, Geruchs= usw. Belästigungen
(Bauges. § 86, s. Bauwesen XII 6, insbes. OV. 7. Jan. 1903 1 S 269),
bei den Vorschriften über Wohnräume (Bauges. § 901, s. Wohnräume,
insbes. OB. 28. März 1903 1 8 34), über Hofräume (s. d.) und über
das Lichtrecht (s. d.) ist das nicht der Fall. Vorschriften zu Gunsten
des ANachbarn enthält das Bauges. dagegen in den 8§8 88, 89 (Ab-
grabung, Absteifung, Aufstellung des Baugerüstes usw.).
* zur Förderung der wirtschaftlichen Interessen des Nachbarn ist ein
polizeiliches Berfügungsrecht nur behufs Verhinderung eigentlicher Notstände
sowie dann anzuerkennen, wenn zur Verhinderung von erheblichen Vermögens-
nachteilen die nach den Gesetzen mögliche H e bei der zuständigen Behörde
EJ* zu. Wlanen ist (Preuß. O. 22. Jan. und 13. Mai 1901,
II. Die rurwatrechtlichen Bestimmungen über das A. ent-
hält BGB. §§8 903—924, 226, 249, 823, 826, 868, 1004.=
*Im allgemeinen hat das Reichsger. ausgesprochen: Die Schranken, die
dem Eigentümer im Interesse eines geordneten nachbarlichen Zusammenlebens in
den bürgerlichen Gesetzen gezogen sind, gehen nicht soweit, daß er eine erlaubte
Benutzungsart seines Grundstücks unterlassen muß, die, ohne über die Grenzen
seines Grundstüchs hinauszuwirken, den Wert des Nachbargrundstücks be-
einträchtigt, es sei denn, daß er damit nur den Zweck verfolgt, dem Nachbar
zu schaden (Entsch. vom 27. Febr. 1902, Reger XXIII 135). Die Entscheidungen
u obigen Paragrapden betreffen namentlich die Immission (§8 906, 1004,
*G/ Ztg. VI 464, Rechtspr. der OLG. IV 59), die Entwertung durch Bordelle
ahrb. f. Württ. Rechtspfl. XIII 174), durch Leichenhäuser (Rechtspr. IV 61) und
durch Bodeghstalten (Fischer XXII 301), den Uberbau (s. d.) und die Brand-
mauern
Nachdruch s. Urheberrecht, Verlagerecht.
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