Full text: Handwörterbuch des Sächsischen Verwaltungsrechts. Zweiter Band (L-Z). (2)

Offentliches Interesse — Offentliche Wege 87 
“ Uber die Frage, inwieweit ö S. dem bürgerlichen Rechte überhaupt 
entzogen sind s. Otto Mayer, Archiv für öffentliches Recht XV 511, XVI gs, 203. 
Ein besonderes Interdikt zum Schutz im Gebrauch ö. S. kennt das BGB. 
nicht; die in 8 8232 ausgesprochene Schadenersaofliche genügt hier (OLb. 
Braunschweig 31. Jan. 1901, Rechtspr. der OL#. 1 
Offentliches Interesse. Uber die Vertretung des ö. J. vor den 
Verwaltungsgerichten s. Verwaltungsstreitsachen III. 
Offentliches Versahren. Offentlichleit und Mündlichkeit des 
Berfahrens bildet die Regel vor den Gerichten (GVG. 88 170—185, 
CPO. § 128), bei den Verwaltungsgerichten dagegen nur in Partei- 
streitigkeiten (s. Verwaltungsstreitsachen III e). Weiter ist Offentlichkeit 
und Mündlichkeit vorgeschrieben für den Bezirksausschuß (s. d. III) und 
Kreisausschuß (s. d.), beim Verfahren über gewerbliche Anlagen (s. d. 
1 1b) und in den Fällen, in denen dieses Verfahren sonst noch in An- 
wendung zu kommen hat (s. Gewerbebehörden 1). Vor den Miilitär- 
gerichten (s. Militärgerichtsbarkeit 1 2) ist das Hauptverfahren mündlich. 
Offentliche Wege. 1. Begriff „böffentlicher Weg"“. Ein Weg 
ist ein öffentlicher, wenn er dem öffentlichen Verkehre ausdrücklich ge- 
widmet worden ist, oder ihm unter stillschweigender Ubereinstimmung 
aller Beteiligten, insbes. der angrenzenden Grundstücksbesitzer, der wege- 
unterhaltungs= und wegepolizeibercechtigten Gemeinde tatsächlich von 
jeher gedient hat (OV. 18. Mlrz 1903 1 S 33, Mntsch. vom 19. Febr. 
1898, 14. Febr. 1900, 26. Alärz 1901 und 3. April 1901, Fischer XlX 
219, XXI 318, XXIII 75, 77)." Das Areal, das durch Freilegung und 
Herstellung dem öffentlichen Verkehr tatsächlich gewidmet wird, erhöält 
durch diese Widmung sofort die Eigenschaft als ö. W. (OVG. 22. çov. 
1902 1 8 273). Beschränkte Offentlichkeit“ hat das Ministerium nur 
bei Fuczwegen angenommen (MV0O. vom 6. Dez. 1894 und 6. Alai# 
1900, Fischer XVI 224, XXI 322). Einen Weg, der nur während der 
Kirchzeit und nur von den Kirchenbesuchern begangen wird, hat es als 
öffentlichen nicht anerkannt (MEntsch. vom 14. April 1900, Fischer 
XXI 320). Inwieweit die Vorplätze der Bahnhöfe zu den ö. W. zu 
rechnen sind, s. MEntsch. vom 14. Jan. 1902, Fischer XXIV. 190).““ 
*Mhnlich Reichsger. und Preuß. OVG. Die ungehinderte Benutzung 
allein genügt nach Ansicht des Reichsger. noch nicht, die stillschweigende Zu- 
stimmung des Beteiligten muß hinzukommen. Nach Ansicht des Kammerger. 
reicht auch die mit Zustimmung. des Eigentümers erfolgende tatsächliche Be- 
nutzung noch nicht aus (Preuß. O#. 5. Juni 1899, 22. Nov. 1900, 25. Febr. 
1901, 6. Mai 1901, 7. Nov. 1901, 2. Jan. 1902, Reichsger. 4. Febr. und 13. Juni 
1901, Kammerger. 11. März 1901, PV. XX 579, 580, XXIII 89, 374, 411, 
iicher Kul 52, XXIII 374, XXIV 126, XXV 356, Reger XXI 329, Jur.-Ztg. 
" Nach dem Preuß. OV. ist die Beschränkung auf bestimmte Zeiten 
und Vorauesetzungen mit dem Charakter eines ö. W. unvereinbar. Andrer- 
seits hat es die Offentlichkleit von Kirch= und Schulwegen anerkannt, die von 
Kultur= und Interessentenwegen verneint (Fischer XXII 56, XXIV 87). 
Das Beichsger. hält denjenigen, der dem Publikum die Benutzung 
seines Privatwegs oder sonstigen Privateigentums zum Gebrauch freigibt, für
	        
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