Ortsgesetze 93
Gemeindevorstände, Gutsvorsteher) übergegangen (AVO. vom 22. Aug.
1874 S. 125 § 2), jedoch sind sie zur Ausstellung von Motschlacht—
zeugnissen (s. d.) noch jetzt ermächtigt. Ihre gerichtliche Tätigkeit
(Schätzungen, Aufnahme von Vermögensverzeichnissen, Vornahme von
Bersteigerungen beweglicher Sachen, Sicherung des Nachlasses, Ver-
mittlung des Verkehrs in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit)
regelt Ges. vom 15. Juni 1900 S. 269 §§8 97—101, A#O. vom
16. Juni 1900 S. 299 §§ 56—62, Gesch. O. 88 203—206, 996, 1068
bis 1075. Ferner können die O. vom Richter bei Errichtung von
Testamenten als Urkundspersonen zugezogen und vom Justizministerium
zur Errichtung von Mottestamenten ermächtigt werden (Ges. vom 18. Juni
1898 S. 191 § 47). Vor ihrer Ernennung sind die Gemeinden und
selbständigen Gutsbezirke zu hören, vor ihrer Enthebung kann das
geschehen. Dienstbehörden sind das Amtsgericht und das Justizmini-
sterium (AVO. vom 16. Juni 1900 88§ 59, 61, 62). Den Vorschriften
über Rechtskonsulenten (s. d.) unterliegen sie rüchsichtlich ihrer amtlichen
Geschäfte nicht (MVO. vom 30. Jan. und 23. März 1903, SW. 92).
Ortsgesetze. I. Allgemeinen Inhalts sind die Bestimmungen
über ihre Bekanntmachung (s. Amtsblätter), ihre rüchwirkende Kraft
und den Einfluß von Gebietsveränderungen auf ihre Gültigkeit (s. Ge-
setzgebung IV 2, 3). Soweit sie mit BReichs= oder Landesgesetzen oder
den allgemeinen Rechtsbegriffen oder unter sich in Widerspruch stehen,
haben sie keinen Anspruch auf Gültigkeit. Ihre Außerkraftsetzung
steht nur der Aufsichtsbehörde zu und ihre Anfechtung im Wege der
Anfechtungsklage, die immer nur gegen einzelne Verwaltungsakte er-
hoben werden kann, ist unzulässig. Das Recht des O#., aus Anlaß
eines solchen zu seiner Entscheidung gebrachten Einzelaktes ihre Gültig-
keit nachzuprüfen und für den vorliegenden Einzelfall zu verneinen, ist
damit nicht ausgeschlossen (O#VG. 21. Sept 1901 1 S 131, 14. Okt.
1901 IIS 195, 4. Nov. 1901 II S 221, 228, 20. A#v. 1902 U S 210,
11. Okt. 1902 1 8227, 20. Jan. 1902 II 8 273, 285, 18. Febr. 1903
1 8 337 und 2. Febr. 1903 II. S 252, Jahrb. I 109, 240, III 201,
244). In der bloßen Genehmigung eines O. liegt noch kBeine Dis-
pensation zu den darin enthaltenen Ausnahmen von gesetzlichen Vor-
schriften (OV#G. 2. März 1903 II S 252).
II. Die O. der politischen Gemeinden bedürfen zu ihrer Gültig-
keit oberbehördlicher Genehmigung, die in Städten durch das Mini-
sterium des Innern, in Landgemeinden durch die Amtsh. mit Bezirks-
ausschuß erteilt wird (RSt O. 88 2, 3, kl. St O. Art. 1, RLGO. 8§ 2,
94 1). Die Errichtung von O. ist für Städte und Gemeindeverbände
vorgeschrieben, für Landgemeinden nur nachgelassen (RStO. §§ 2, 7,
RLGO. 88§ 2, 90). Die Gegenstände, die in Städten ortsgesetzlich ge-
regelt werden müssen, sind aufgezählt in der RStO. 8 6 (Abgrenzung
des Stadtbezirks), § 21 (Höhe des Einkaufsgeldes), §§ 39, 40 2 (Zahl
und Verteilung der Stadtverordneten), §§ 43, 49, 56 (Wahl der Stadt-