66 Derfall der karolingischen Reiche. §§ 90—9l.
Gedichtes Muspilli (Weltuntergang), auf welches oben (§ 18) hingedeutet
ist, und welches vielleicht Ludwig der Deutsche mit eigener Hand niederge-
schrieben hat.)
Der antichristo stect pi demo altfiante,
stst pidemo Satanase, der inan varsenkan scal:
pidiu scal er in deru unfcsteti uunt pivallan
enti in demo sinde sigalos uuerdn
0 daz Eliases pluot in erda Htriußt
30 inprinnant die perg##, poum ni kistentit
Cnihc in erdu, abdf artruknönt,
muor varsunilbit sih, suilizöt lougiu der himil.
mäno vallit, prinnit mittilagart,
stön ni Listentit etc.
Der Antichrist steht bei dem Altfeinde,
steht bei dem Satan, der ihn versenken soll:
deshalb soll er auf der Kampfstätte wund hinfallen,
und für diesmal sieglos werden
Wenn dann Elias' Blut auf die Erde träuft,
so entbrennen die Berge, Baum bleibt nicht stehen
irgend einer auf Erden, die Wasser vertrocknen,
das Moor verschlingt sich, langsam verbrennt in Lohe der Himmel.
Der Mond fällt, es brennt Mittelgart (die Welt § 18),
kein Stein bleibt fest u. s. w.
3. erfall der karolingischen Reiche.
91. Hinfort beschränkt sich der Kreis der deutschen Geschichte auf die
eigentlich deutsch redenden Lande. Es bleibt nur noch übrig, das Geschick
der Karolingerreiche im ganzen zu überblicken.
Am frühesten alosch die gerade Linie Karls des Großen in Stalien.
Lothar nämlich hatte vor seinem Tode — er starb 855 — sein Reich unter
seine drei Söhne geteilt. Italien und die Kaiserwürde gingen auf Lud-
wig II. über, der ohne männliche Erben 875 starb. Seine beiden jüngern
Brüder waren ihm schon im Tode vorausgegangen, Karl von der Provence
863 und Lothar II., nach dem die ihm bei der Teilung zugefallenen Lande
zwischen Rhein und Maas bis zum Meere Lothringen genannt wurden,
869. Lothringen teilten Lothars II. Oheime, Karl der Kahle und Ludwig
der Deutsche, 870 im Vertrage von Meersen an der Maas (bei Mastricht).
Ludwig der Deutsche erhielt dadurch die Bistümer Utrecht, Metz, Straß-
burg und Basel und die Erzbistümer Trier und Köln mit allem weltlichen
Land, das darin oder dazwischen lag, so daß die Grenze, wo die welsche
und deutsche Sprache sich scheiden, ziemlich auch die Landesgrenze zwischen
dem Westfrankenreiche (Frankreich) und dem Ostfrankenreiche (Deutschland)
ward.
In Deutschland herrschte Ludwig der Deutsche bis 876, mit Kraft
und Tüchtigkeit, so daß allmählich die so spröde gesonderten Stämme, Sachsen,
Bayern, Alamannen, Franken, an eine deutsche Reichseinheit sich zu gewöhnen
begannen. Aber durch die Teilungen, die er nach fränkischer Art unter
*) Es ist im bayrischen Dialekt.