D. Rurtreis, oberrhein. Ar. D. Pfälzer Haus. Nassan-Oranien. Lothringen. § 248. 163
zugsweise auf die Bauern, die allmählich in einen namenlos elenden Zu-
stand hinunter sanken. Und doch hatte auch der Ritter, der mit Geld nicht
umzugehen verstand, oder der Fürst, der es nur um immer größere Opfer,
gleichsam um sein Kapital, kaufte, ebenso wenig Segen von solcher Be-
drückung. ·
8 247. Diese Zersetzung des Reiches in Territorialgewalten, und
wieder die Zersetzung dieser nach unten hin, hatte in einer Beziehung ihr Gutes;
sie nötigte den Mann, der sich auf allgemeine Ordnung nicht stützen konnte,
nach altgermanischer Weise auf sich selber ganz allein zu stehen, Mut, Klug-
heit und Geistesgegenwart auszubilden; sie gab den kleinen Fürsten und
Herren Gelegenheit, ihre Gebiete in eigestündlcher Weise zu regieren und hat
später Wissenschaft und Kunst besonders gedeihen lassen. Auf der anderen
Seite erwuchs aber noch viel mehr Roheit, Gewaltthätigkeit, Frevel und
Grausamkeit aus diesem im großen ganzen rechtlosen Zustande, und wie er
endlich das Reich an den Rand des Abgrunds führte, haben wir bereits zur
Genüge gesehen.
Wir suchen nun in den folgenden Abschnitten ein Bild des also ver-
ä#inderten deutschen Reiches in seinen wichtigsten Territorien und regierenden
Geschlechtern (Dynastieen) zu gewinnen, indem wir bei unserer Übersicht von
der unter Maximilian I. eingeführten Kreiseinteilung ausgehen.
2. Her Kurkreis und der oberrheinische Kreis. Bas Pfälzer Haus.
Laus Rassau-Granien. Baus TLothringen.
* 248. In der Mitte des westlichen Deutschlands, wo von rechts der
Neckar zwischen Obstgärten und Rebenhügeln, der Main durch reiche Frucht-
gebreite und die Lahn unter Fels und Busch ihren Weg zum schönen Rheine
nehmen, wo von links die Nahe zwischen den dunklen Höhen des Donners-
berges und Idarwaldes und die Mosel zwischen alten Burgen, Städten
und Weinbergen hindurch sich gleichfalls zum Rheine winden: hier in den
alten Kernlanden des Reichs, einst den Herzogtümern Franken und Ober-
lothringen angehörig, kreuzten sich zwei Kreise, der Kurkreis und der ober-
rheinische. Der erste umfaßte die Hauptgebiete der vier Kurfürsten von
Mainz, Trier, Köln und von der Pfalz. Die kurpfälzische Residenz
war Heidelberg am Neckar, und das Schloß dieser dem wittelsbachi-
schen Hause angehörenden Herren hob sich, von rötlichem Stein erbaut,
am Fuß des mächtigen, waldbedeckten Königstuhls, gar lieblich aus dem
Grün der Bäume und blickte über eins der herrlichsten Thäler Deutschlands,
das hier gegen den Rhein hin weit sich öffnet. Vor den übrigen Pfalzgrafen
½62 107 Anm.) hatte der Pfalzgraf bei Rhein, zunächst für Franken
und Lothringen bestimmt, Ansehen und Macht in Deutschland gewonnen.
Er war auch der einzige von allen Pfalzgrafen des Reiches, der es zur
territorialer Entwickelung, d. h. zur Bildung des Reichsfürstentumes der
rheinischen Pfalz, gebracht hatte. Diese Pfalz nun war von Kaiser Fried-
rich II. an Ludwig von Bayern den Wittelsbacher gegeben worden, dessen
Enkel jener Ludwig der Strenge war, der zur Zeit des Interregnums
um ungegründeten Verdaht seine Gemahlin hinrichten ließ. Dessen Söhne
waren Rudolf, der Pfalzgraf, und Ludwig, der spätere deutsche Kaiser
(6 218). Von Rudolf leitete sich das pfalzbayerische Haus ab, da Kaiser
Ludwig durch den auspertrag von Pavia 1329 den Söhnen desselben,
Ruprecht I. und Rudolf, die pfälzischen Länder und einem Enkel desselben
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