Full text: Geschichte des deutschen Volkes.

Die Lützelburger in Böhmen. 8§9 211—275. 183 
für französisches Wesen fesselten. Er war alt geworden und seit den letzten 
Jahren erblindet. Sein Sohn Karl, am französischen Hofe erzogen und 
persönlicher Freund des Papstes, ward zum Kaiser erwählt (5 222). Da 
aber die lützelburgische Partei im Reiche keinen Boden gewinnen konnte, so 
stützte sie sich ganz auf den französischen König und den Papst. So kam 
es, daß Vater und Sohn mit teilnahmen an dem Kriege zwischen England 
und Frankreich und an der blutigen Schlacht bei Crecy (nahe der Somme), 
1346. Auch der blinde Johann hatte in der Schlacht nicht fehlen wollen 
und sich deshalb auf seinem Schlachtroß von zwei Rittern in die Mitte 
nehmen und in das Getümmel führen lassen. Als nun, so heißt es, die 
franzöfischen Ritter vor den englischen Armbrustschützen dahin sanken und er 
die Verwirrung wahrnahm, fragte er seine Getreuen, wie es stünde. „Rbel, 
, steht es um die Schlacht, denkt auf Eure Rettung!“ erwiderten diese. 
a sagte Johann: „ sei es, daß ein Böhmenkönig füchen sollte: kein 
Lützelburger stirbt den Tod im Bett!"“, ließ sich hinleiten, wo der am heiße- 
sten war, und fiel, seines Vaters und Großvaters würdig (§ 217. 214). 
* 272. Aus der mörderischen Schlacht entrann sein Sohn Karl IV., 
verwundet und kam bald, wenn auch erst mit vielen listigen Künsten, zum 
anerkannten Besitz der deutschen Kaiserkrone. Dankt ihm Deutschland außer 
der goldenen Bulle (§ 224) wenig, so hat er desto mehr für seine Erb- 
lande, besonders für Böhmen, gethan, das er schon seit seinem 17. Jahre 
für seinen abenteuernden Vater regiert und geordnet hatte. Er erweiterte 
und befestigte Prag, schmückte es mit der unvergleichlichen lichkeit seiner 
Dome, Klöster, Brücken und Türme, gründete hier, 1348, die erste deutsche 
Universität und machte diese seine Hauptstadt zum Glanzpunkte des wissen- 
schaftlichen wie gewerbsthätigen Lebens in Deutschland. Rastlos mehrte er 
seine Erbländer; so gewann er den nördlichen Teil der Oberpfalz, ver- 
einte Schlesien ganz mit Böhmen und erwarb endlich (§ 268) durch 
Kampf von dem letzten bayrischen Markgrafen, Otto, auch Brandenburg. 
Da aber wieder Brandenburg Ansprüche auf die Lehnsoberhoheit über Pom- 
mern und Mecklenburg machte, so konnte man sagen, seine Erblande reichten 
in ununterbrochenem, breitem Zuge fast von der Donau bis zur Ostsee. 
Auf der Elbe und Oder, diesen großen, natürlichen Handelsstraßen des 
deutschen Ostens, gründete und hob er den Schiffahrts-Verkehr; mit der 
Hansa trat er in freundschaftliche Beziehung und besuchte deshalb selbst das 
Haupt derselben, Lübeck: das letzte Mal, daß — bis auf unfre Tage — 
ein deutscher Kaiser den niedersächsischen Norden bereist hat. Den Marken 
besonders zeigte sich sein Walten segensreich. Gesetz und Ordnung kehrten 
in diese ganz wüst gewordenen Lande wieder ein; an der Elbe erblühte 
Tangermünde, der Lieblingssitz Karls in seinen alten Tagen. So ist er 
ein Segenspender für den deutschen Osten geworden, der ihm Pflege des 
Geistes wie der Landeskultur dankt: und hier hinterließ er einen schöneren 
— W n im Reiche, als er, für seine Erbländer zu früh, 1378 zu 
ag 
8 273. Noch während seiner Lebzeiten hatte er, seinen großen Schöpfun- 
gen zum Schaden, eine Teilung seiner Erblande bestimmt. Wenzel, sein 
altester Sohn (1378—1419), bekam Böhmen und Schlesien; der zweite 
Sohn, Siegmund, erhielt das Kurfürstentum Brandenburg; die Lausitz, 
Neumark und Luxemburg fielen an Karls jüngsten Sohn, Johann. 
In Mähren folgten die beiden Vettern Wenzels, Jost und Prokop, 
ihrem Vater, Karls IV. jüngerem Bruder. Wenzel ließ bald seine Länder
	        
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