484 Cetzte Anstrengungen des franz. Dolkes, Jan. 1871. Sleg der Deutschen. 55 781—785.
vielfach durchzogenen Terrain auf den gleichfalls im Vorrücken begriffenen
Feind, warfen ihn aber an diesem und den folgenden Tagen unter fortwähren-
den Gefechten von Dorf zu Dorf, von Thalabschnitt zu Thalabschuntt, rück-
wärts auf Le Mans. Daß die Kälte der verflossenen Tage in Tauwetter
übergegangen war, machte das Vordringen im Regen und Schneegestöber nur
noch schwieriger; und als dann wieder Kälte eintrat, boten die spiegelglatten
Wege der Kavallerie und Artillerie fast unüberwindliche Hindernisse. So
egen die Schwierigkeiten des Terrains sowie gegen einen doppelt überlegenen
geim kämpfend, rückten die bereits durch die früheren Kämpfe sehr zusam-
mengeschmolzenen Armeecorps, im ganzen wenig über 70000 Mann stark,
in konzentrischen Märschen auf Le Mans. Als hier und in den vorliegenden
Dörfern am 11. und 12. Januar die Entscheidungsschlacht gekämpft wurde,
umfaßten bereits wieder die Flügel des deutschen Heeres von beiden Seiten
die feindliche Stellung und wandelten die Niederlage derselben in vollständige
regellose Flucht: an 18000 Gefangene, 20 Geschütze, 2 Fahnen waren die
Siegesbeute des 7tägigen, erbitterten Kampfes. Der Feind floh westlich auf
Laval, oder nordwestlich auf Alengon; die nachfolgenden Deutschen nahmen
ohne Gegenwehr das befestigte Lager von Conlie; das Corps des Groß-
herzogs von Mecklenburg rückte von Süden her auf Rouen, wo es die erste
Armee ablöste, andere Truppenteile besetzten Tours. Die Westarmee war
zersprengt, unsere Truppen standen in der Bretagne und Normandie.
Auf einen Ersatz von dieser Seite her konnte Paris daher nicht mehr hoffen.
5 785. In denselben Tagen entschied sich auch das Schicksal der franzö-
sischen Ostarmee, die, über 150000 Mann stark, unter Bourbakis Führung
(6 783) neugebildet und von dem Diktator Frankreichs nach dem Osten ge-
worfen war, mit dem Auftrage, Belfort zu entsetzen, Werders Corps zu
schlagen und zu durchbrechen, Elsaß und Lothringen zu befreien, die Verbin-
dungslinie zwischen Paris und Deutschland zu zerschneiden und durch einen
Rheinübergang die Invasion und ihre Schrecken nach Süddeutschland zu tragen.
Dieser Plan eines großsprecherischen Advokaten, der sich plötzlich als genialen
Feiherrn aufspielte (gleich als sei die Kriegsleitung keine Wissenschaft,
ondern Sache jedes Volksführers), traf auf die eiserne Geschlossenheit deut-
scher Disciplin und auf Moltkes klare und weitblickende militärische An-
ordnungen. Wir haben gesehen (§ 780), wie Werder bereits seine Armee
zwischen der oberen Saône und dem Doubs um Vesoul konzentriert hatte:
zwischen ihm und dem sübdöstlich vorgeschobenen Posten der II. Armee er-
hielt das Corps des Generals v. Zastrow (§.779) in weit ausgedehnten
Stellungen die Verbindung. Zur Unterstützung dieses Corps und zur Mit-
wirkung auf dem östlichen Kriegsschauplatze ward nun aus dem Verbande
der Pariser Belagerungsarmee das pommersche Armeecorps gelöst und vom
bayrischen Corps v. d. Tann ersetzt, dem nach der schweren Arbeit Ruhe
nötig war. Zum Feldherrn, der so aus drei Corps gebildeten Süd-
armee ward General v. Manteuffel ernannt und nach Versailles zu
mündlicher Besprechung berufen, während seine Corps bereits die Märsche
zur Bekämpfung Bourbakis antraten, dessen Spitzen am 6. Januar vor der
Front Werders vom Süden her erschienen. Ihm zu begegnen, mußte
erder früher bei Montböéliard eine feste Stellung gewinnen, und es
galt, vor dem an Zahl weit überlegenen, aber schlecht gekleideten, schlecht.
genährten eindesherre das seiner improvisierten Verpflegung wegen immer
den Eisenbahnen sich nahe halten mußte und langsam sich fortschob, den
Vorsprung zu gewinnen. Dazu konnten außer der Schnelligkeit des Marsches