Letzte Anstrengungen des franz. Dolkes, Jan. 1871. Sleg der Deutschen. §§ 787—789. 487
waren: Auslieferung der feindlichen Forts an die deutsche Armee; Kriegs-
gefangenschaft und Entwaffnung der Verteidigungsarmee, von deren Ab-
führung nach Deutschland man jedoch einstweilen Abstand nahm; Zahlung
einer Kriegskontribution für Paris von 200 Millionen Francs; Ausdehnung
des Waffenstillstandes auf sämtliche Departements, ausgenommen die des
Doubs, des Jura und Coate d'Dr.
§5 788. Hier nämlich mußte sich noch der Schlußackt der furchtbaren
Tragödie dieses Krieges ohnegleichen vollziehen. Als Bourbaki vor den Linien
Werders zurückgewichen war, schwebte ihm schon das Verhängnis über dem
Haupte. Die Pommern und Zastroms Corps unter Manteuffel eilten
in ununterbrochenen Gewaltmärschen heran, in breiter Front die Gegend
durchziehend, durch die der Rückzug Bourbakis auf seinen südlichen Zufluchtsort,
Lyon, hin gehen mußte. Mit großer Kühnheit verzichtete Manteuffel auf
eine Vereinigung mit Werder, um, unter der Gefahr der eigenen Zersplitterung
der Kräfte, nach Süden Vorsprung vor den weichenden 150000 Mann
Bourbakis zu gewinnen und ihnen die Eisenbahnen, die allein noch zu ihrer
Rettung dienen konnten, abzuschneiden, sie zwischen die deutsche Armee und
die Schweizer Grenze einzuklemmen, wie es einst Mac Mahon an der
Grenze Belgiens geschehen war. Garibaldi, der in Dijon stand, ließ sich
mit seinen 25000 Mann und der Reserve von einer Brigade vollständig in
Schach halten. Unaufhaltsam eilte die Armee Manteuffels immer östlich gegen
die Pässe des Jura vorwärts. Kein Ausweg blieb Bourbaki mehr nach dem
Süden; gegen Pontarlier, hart an die Schweizer Grenze, gedrängt, verzweifelte
der von Gambetta mit seinen Tausenden ins Unglück gehetzte General am
Glücke Frankreichs und an seiner eigenen Ehre und machte einen Selbstmord-
versuch. An seine Stelle trat auf Gambettas Gebot General Clinchant, der seit
dem 29. Januar mit Berufung auf den geschlossenen Waffenstillstand (von dem
aber, wie oben gezeigt, dieser Kriegsschauplatz ausdrücklich ausgenommen war)
Unterhandlungen verlangte, die Manteuffel mit vollem Recht abwies. Am 1. Fe-
bruar griffen die Deutschen Pontarlier an. Von allen Seiten in die furcht-
barren Engen des beschneiten Juragebirges hineingedrängt, begann die fran-
zösische Armee, die nach und nach an 15000 Mann Gefangene in der Hand der
Deutschen gelassen und von der nur sehr wenige nach Lyon entkommen,
Tausende aber dem Hunger, der Kälte, der Ermattung erlegen waren, noch
830—100000 Mann stark, nach vorher abgeschlossener Konvention mit der
Schweiz, die wilden Grenzgebirge zu übersteigen, und sich auf neutrales
Gebiet zu retten, wo sie entwaffnet und bis zum Frieden interniert wur-
den, 1. Februar. Es war, als ob das Elend von 1812, das einst auf
Rußlands Schneegefilden die Macht des ersten Kaiserreichs gebrochen, sich
hier an dem zweiten und an der Republik Gambettas wiederholen sollte.
Die Jammergestalten, die ausgehungert und in Lumpen die Schweizer-
grenze überschritten und hier von der kleinen Republik, die so oft fran-
zösischer Ehrgeiz bedroht hatte, gastlich und barmherzig ausgenommen wur-
den, waren das Leichengefolge der französischen Gloire, der man sie sinnlos
eopfert. Nun hielt auch Belfort sich nicht länger; am 16. Februar
f, es und ward am 18. Februar in die Hände der Deutschen aus-
geliefert.
& 789. Der in den Waffenstillstandsbedingungen vom 28. Januar vor-
gesehene Zusammentritt einer Nationalversammlung fand am 12. Februar
zu Bordeaux statt. Diese war in ihrer weit überwiegenden Mehrzahl für den
Frieden und bereit, auf alle von Deutschland geforderten Bedingungen einzu-