Full text: Geschichte des deutschen Volkes.

56 Karl der Große 768—814. Erneuerung des römischen Raisertums. 8 76 -78. 
Pippin, der König von Italien (8 70), ihren „Königsring“, Erdumwallungen, 
in welche sie ihre Beute zu bergen pflegten. Es war von da ab mit der 
Macht, bald auch mit dem Bestehen dieses Volkes zu Ende. Karl entriß 
ihnen das Land von der Ens bis zur Raab und schuf daraus die avarische 
Mark. Sie wurde mit bayrischen Kolonisten besetzt und in kirchlicher Be- 
ziehung dem Erzbistum Salzburg untergeordnet. In ihr liegen die ersten 
Keime des österreichischen Staates. 
§ 77. Als die sächsische Eroberung für gesichert angesehen werden konnte, 
griffen Karls Pläne noch weiter. Das Land von der Elbe, Saale und 
dem Böhmerwald gegen Morgen, welches einst (§5 9) Deutsche bewohnt 
hatten, war nach dem Abzuge derselben während der Völkerwanderung von 
Slaven oder, wie sie die Deutschen nannten, von Wenden, eingenommen. 
Diese waren noch heidnisch und in viele Völkerschaften geteilt. Im heutigen 
Mecklenburgischen wohnten die Abodriten, im Brandenburgischen die Wil- 
zen, östlich von der Saale die Sorben und im heutigen Böhmen, wie noch 
jetzt, die Czechen. Auch diese Völker hat Karl der Große versucht in den 
Kirchen= und Reichsverband hineinzufügen und hat damit ein Werk begonnen, 
das, wenn auch erst Jahrhunderte später, von der deutschen Nation vollendet 
worden ist; denn nach und nach sind hier die alten Grenzen bis zur Oder 
und Weichsel hin von uns wieder gewonnen worden. Karl war frühzeitig 
mit den Abodriten gegen die Sachsen, dann gegen die Wilzen verbündet. 
Gegen die letzteren machte er im Jahre 789 einen Feldzug, bis sie Unter- 
werfung gelobten. Auch Sorben und Böhmen traten in eine Art Ab- 
hängigkeit. Karl gründete gegen diese Slaven seine Grenzmarken (§ 82) 
und legte Burgen an; so Halle an der Saale, und an der Elbe Magdeburg 
und Büchen (wofür später Hamburg gewählt wurde). Auf die sächsische 
Mark aber weisen, wie wir später sehen werden, die ersten Anfänge des 
brandenburgisch-preußischen Staates zurück. 
Karls Reich begrenzte im Norden die Eider, im Osten die Elbe und 
Raab, im Süden der Garigliano und Ebro. Es umschloß alle germanischen 
Stämme außer den Angelsachsen und den noch heidnischen skandinavischen 
Völkern, den Nordmannen. Dieser ganzen gewaltigen Macht gab Karl feste 
Gestaltung und Ordnung. Er verschmolz die verschiedenartigen Bestandteile 
zu einer Einheit, er schuf das Reich, welches die Geschichte kennt als das 
große Karolinger= oder Frankenreich. 
7. Erneuernug des römischen Kaisertums. Papst und Kaiser. 
§ 78. Der Höhe, die Karl der Große eingenommen, fehlte noch der ent- 
sprechende Name; er ward gefunden, als er die Kaiserkrone empfing. Es 
* Papst, der sie ihm aufsetzte und der mit dem Segen der Kirche 
ie weihte. 
Die Kirche hatte damals bereits eine festere innere Ordnung als das 
Reich. Aus der Mitte der Bischöfe, die als die Hirten und Lenker der 
einzelnen christlichen Gemeinden früh das bedeutendste Amt in denselben be- 
kleideten, hatten sich solche mit besonderm Ansehen hervorgehoben, die in 
den Gemeinden der Hauptstädte walteten, zumal wenn die christliche Kirche 
in diesen von den Aposteln begründet war. Hervorragend an Macht und 
Einfluß wurden namentlich Terusalem, Antiochia, Alexandria, Kon- 
stantinopel und Rom, und dies letztere überflügelte bald alle anderen, 
denn hier hatten nicht bloß die heiligen Apostel Paulus und Petrus gelehrt 
und beide, nach kirchlicher Uberlieferung, hier den Märtyrertod erlitten,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.