Die Militärkonventionen. 11
Württemberg und Sachsen. Bayern wird durch den bayrischen
Bündnisvertrag vom 23. November 1870, der (Ziffer III, 5) die
Geltung des 11. Abschnittes der Verfassung für das bayrische Heer
ausschließt und dieses einer besonderen Regelung unterzieht, eine von
allen anderen Bundesstaaten unterschiedliche militärische Stellung ein-
geräumt. Die Militärkonventionen von Württemberg und Sachsen ent-
halten demgegenüber nur unbedeutende Modifikationen der Verfassung.
Die Militärkonventionen der zweiten Gruppe übertragen die den
Einzelstaaten nach der Verfassung zustehenden Militärhoheitsrechte an
Preußen. Diese ÜUbertragung ist aber kein endgültiger Verzicht auf
die Rechte, sondern ist nur eine Übertragung der Rechte zur Aus-
übung.1 Neben dieser Übertragung enthalten die Konventionen noch
Zusicherungen des Kaisers betreffs bestimmter Ausübung einiger seiner
Militärhoheitsrechte, insbesondere des Dislokationsrechtes und des
Rechtes, die Formation und Gliederung der Kontingente zu bestimmen.
— Der zweifache Inhalt dieser Konventionen findet in der Doppel-
stellung des einen Kontrahenten seine Erklärung, der als König von
Preußen die Ausübung der kontingentsherrlichen Rechte sich übertragen
läßt und, gewissermaßen als Gegenkonzession für die an ihn erfolgte
Übertragung, als Kaiser obige Zusicherungen gibt. Die Konventionen
sind also gleichzeitig mit dem König von Preußen und mit dem Bundes-
feldherrn bezw. deutschen Kaiser geschlossen.? Daran ändert nichts
die Tatsache, daß nach dem Wortlaute der Konventionen der eine
Kontrahent nicht immer als „König von Preußen und deutscher Kaiser“
bezeichnet ist."
2. Die Geltung derselben.
Die Frage nach der Geltung der Konventionen ist nach den beiden
aufgestellten Gruppen verschieden zu beantworten:
A. Die Konventionen der ersten Gruppe bezwecken eine
Verschiebung der durch die Verfassung vorgenommenen Kompetenz-
verteilung zu ungunsten des Norddeutschen Bundes bzw. Deutschen
Reiches und zugunsten der betreffenden drei Einzelstaaten. Da aber
niemals eine solche Verschiebung des verfassungsmäßigen Zustandes
1 So u. a. Gau 70. * So Brockhaus 164, 165.
3 Vgl. Reichsmilitärgesetze, 1. Aufl., 1. Bd. I, 55.