14 Die Quellen der Militärgewalt.
Unsere Aufgabe kann danach bezüglich der Gültigkeit der Konvention
nur die sein, nachzuweisen, ob die Meinung der Regierung, daß ihre
Einzelbestimmungen der Verfassung nicht widersprechen, eine zutreffende
ist oder nicht. Zu diesem Zwecke wollen wir die Bestimmungen der
Konvention im einzelnen, im Anschluß an unsere Untersuchungen
über den Inhaber der einzelnen in der Militärgewalt enthaltenen
Hoheitsrechte, einer näheren Betrachtung auf ihre Gültigkeit unterziehen.
Entsprechen die Konventionsbestimmungen der Verfassung, so steht die
Geltung der Konvention außer Zweifel; stehen aber einige ihrer Be-
stimmungen in Widerspruch zur Verfassung, so wäre die Konvention
insoweit als ungültig anzusehen. Wenn die Konvention auch bezüg-
lich dieser ungültigen Bestimmungen tatsächlich Anwendung findet, so
würde hierdurch keineswegs die rechtliche Gültigkeit dieser Bestimmungen
bewiesen sein, vielmehr würde nur, wie Hänel sagt, ein tatsächlicher
modus vivendi bestehen .
B. Die Militärkonventionen der zweiten Gruppe sind
nach ihrem zweifachen Inhalt getrennt zu behandeln:
a) Sie sind einmal mit dem König von Preußen geschlossen und-
übertragen die den Einzelstaaten nach der Verfassung verbliebene
Militärgewalt an Preußen. Diese Übertragung berührt nicht die ver-
fassungsmäßige Kompetenzverteilung zwischen dem Reich und den
Einzelstaaten. Die Kompetenz des Reiches wird weder vermehrt noch
vermindert; nur das Verhältnis der Einzelstaaten zueinander wird ver-
ändert. Da aber die Verfassung den Einzelstaaten bezüglich der Regelung
ihres Verhältnisses zueinander, soweit sie dabei existent bleiben und
ihren Pflichten gegen das Reich nachkommen, Freiheit läßt, so steht
die Übertragung nicht im Widerspruch mit der Verfassung; und dies
um so weniger, als es sich nur um eine Übertragung „zur Ausübung“
handelt. Die Militärkonventionen sind also, soweit sie die Militär-
gewalt an den König von Preußen übertragen, als gültig anzusehen;
ihre Gültigkeit beruht auf der Antonomie der Einzelstaaten." Sie be-
dürfen daher auch keiner besonderen verfassungsmäßigen Anerkennung.
Nur dann, wenn die Übertragung irgendwie in das Verhältnis des
1 So: Laband IV, 29; Meyer, St. R. 657, A. 4; Brockhaus 177.
2 Hänel 510.
* So auch: Schulze II, 270; Seydel 375; Laband IV, 25; Brock-
haus 180 ff.; Tepelmann 21, 22; Gümbel 184 u. Gau 60.