Full text: Die Teilung der Militärgewalt im Deutschen Bundesstaat.

Der Inhaber der Gesetzgebungs= und Aussichtsgewalt. 21 
staatliche Verwaltungszweige zu eigen ist. Dieser Aufsichtsgewalt über 
das Heer ist nun durch a 63.3 eine besondere Gestaltung gegeben 
worden. 
Es ist notwendig, auf diesen 3. Absatz des a 63 näher ein- 
zugehen. Die herrschende Meinung sieht in ihm zwei selbständige 
Rechtssätze enthalten. In dem 1. Satz soll ein Verordnungsrecht des 
Kaisers aufgestellt sein, und dieses Verordnungsrecht soll, da es die 
wesentlichsten Gebiete der Heeresverwaltung normiere, gleichbedeutend 
mit einem allgemeinen Verordnungsrecht des Kaisers in Militärsachen 
sein.: Der zweite Satz soll, selbständig vom 1. Satz, ein kaiserliches 
Inspektionsrecht festsetzen." Allein diese Auslegung des Artikels wider- 
spricht der Verfassung und mit Recht sagt Gümbels von ihr, „es 
müsse wundernehmen, daß ihr in der Literatur noch nicht mit Nach- 
druck entgegengetreten sei.“ Übersieht sie doch vollständig die Worte: 
„zu diesem Behufe", die eine Verbindung zwischen beiden Sätzen des 
Absatz 3 bewirken und es unmöglich machen, im 1. Satze eine selbst- 
ständige Rechtsnorm zu sehen. Der 1. Satz stellt nicht ein allgemeines 
und unmittelbares kaiserliches Verordnungsrecht auf, vielmehr bestimmt 
er das dem Kaiser nach dem 2. Satze zustehende Inspektionsverordnungs- 
recht inhaltlich näher. Nicht ein allgemeines, sondern nur ein In- 
spektionsverordnungsrecht wird durch a 63.3 dem Kaiser übertragen. 
Dieses kaiserliche Inspektionsverordnungsrecht modifiziert nun die 
dem Reiche nach allgemeinen Grundsätzen zustehende Aussichtsgewalt. 
Einmal wird der Gegenstand des Inspektionsrechtes im einzelnen 
materiell bestimmt; dann ist der Bundesrat außer Tätigkeit gesetzt 
und die Entscheidung, ob ein Mangel vorliegt oder nicht, allein dem 
Kaiser übertragen; endlich verpflichtet der Kaiser nicht bloß, wie der 
Bundesrat, die Einzelstaaten zur Abstellung der Mängel, sondern er 
hat ein eigenes, unmittelbares Verordnungsrecht zwecks Abstellung 
derselben." 
Auf Grund dieses unmittelbaren kaiserlichen Verordnungsrechtes 
könnte man versucht sein, dem Kaiser die höchste Verwaltung zuzu- 
sprechen. Hier ist aber doch zu erwägen, daß dieses Inspektions- 
verordnungsrecht nicht identisch ist mit einem allgemeinen, unmittel- 
1 So Meyer, V.R. II, 42. 2 So Brockhaus 36 ff., 80. 
* Gümbel 161. " So Gümbel 177.
	        
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