Der Inhaber der Verordnungsgewalt. 33
auch nach Form verschieden.: Während die Armeeverordnung zu ihrer
Gültigkeit die Gegenzeichnung eines verantwortlichen Ministers erfordert
und mit dieser publiziert wird, ist der Armeebefehl ohne diese gültig
und wirksam. Nur derjenige Armeebefehl, der den Militäretat, oder
andere Zweige der Militärverwaltung berührt, bedarf der Gegen-
zeichnung zu seiner Gültigkeit, wird aber ohne dieselbe dem Heere
bekannt gegeben. Endlich unterscheiden sich Armeeverordnung und
Befehl bezüglich ihrer verbindlichen Kraft insofern voneinander, als
dem Armeebefehl, wie jedem militärischen Befehl, von allen Militär-
personen unbedingt Folge geleistet werden muß?, wogegen der Armee-
verordnung an sich kein unbedingter Gehorsam geschuldet wird. Sie
unterliegt vielmehr einer Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit bezüglich Form
und Inhalt und bezüglich der Kompetenz des Verordnenden, und
braucht bei Ungesetzmäßigkeit nicht befolgt zu werden. Nur dann, wenn
die Armeeverordnung von militärischen Vorgesetzten ausgeht und sich
an Militärpersonen richtet, erstreckt sich auch auf die Armeeverordnung
die unbedingte Gehorsamspflicht, wie sie dem Armeebefehl geschuldet
wird. Denn jeder Befehl eines militärischen Vorgesetzten wird, auch
wenn er in Verwaltungsangelegenheiten ergehen sollte, als militärischer
Befehl angesehen, dem unbedingt gefolgt werden muß.
Während nun die an den Armeebefehl geknüpfte, unbedingte Ge-
horsamspflicht durch a 64.1 der Verfassung normiert wird, wird der
Gegenstand und die Form des Armeebefehles durch die Verfassung
nicht näher bestimmt. Die Verfassung hat darauf verzichtet, den Begriff
des Armeebefehles nach Gegenstand und Form näher zu präzisieren
und hat es der militärischen Praxis überlassen, eine bestimmte Be-
deutung mit dem Begriffe zu verbinden. Auf diese Weise hat sich ein
Reichsgewohnheitsrechts entwickelt, das den Armeebefehl nach Gegen-
stand und Form in obiger, von uns dargestellter Weise regelt. Dieses
Gewohnheitsrecht bezüglich des Armeebefehles schließt sich an den
Königlich Preußischen Erlaß vom 18. Januar 1861" an. Nach ihm
haben „Armeefehle und diejenigen Ordres, welche der König in Militär-
dienstsachen und Personalangelegenheiten erledigt, ohne Gegenzeichnung
1 Vgl. Hecker 68; Brockhaus 82. S. Näheres u. S. 60, 61.
3 So: Meyer, V.R. II, 40; Zorn 1. Aufl., I, 309; Laband IV, 33.
4 Abgedruckt bei v. Roenne 418.
Mueller, Militärgewalt. 3